27 | 07 | 2024

Was ist Geschlecht?

5. Forderungen an Politik und Gesetzgeber

Der gesamte Mensch ist nicht die Summe aus Haut, Knochen, Organen, Gefäßen und Nerven sondern ein in sich mehrfach verknüpftes und in vielen Bereichen in sich gespiegeltes Gesamtsystem. Durch die Erfahrungen mit Akupunktur und Akupressur wissen wir von solchen Spiegelungen, selbst bei der Behandlung von Zähnen und Kiefer wurden Spiegelungen von Wirbelsäule, zusammen mit Schulter- und Beckengürtel entdeckt. Bei der Arbeit mit köperlich und körperbehinderten Menschen, vor allem im Vergleich zwischen Abweichungen von Geburt an und solchen, die durch Unfall entstanden sind, wurde mir dieses mehrfach gespiegelte Gesamtsystem Mensch immer wieder deutlich. Ein contergangeschädigter Jugendlicher ist gesund, aber anders auf die Welt gekommen als die Mehrheit aller Babys. Sein körperliches Gesamtsystem ist in Takt. Als Mensch ist er, auch in seiner Andersartigkeit vollständig und gesund. Krank kann ihn aber die Gesellschaft machen, die nur die Behinderung sieht und am liebsten wegschauen würde. Einem jungen Mann, der durch einen Mopedunfall seinen Unterarm verloren hatte, dem fehlte etwas, denn es wurde nur der Arm zerstört, nicht aber die Spiegelpunkte. Es war immer wieder zu beobachten, dass der Befehl mit der rechten Hand zu greifen kam, obwohl diese eben nicht mehr da war.

Was ich hier im Vergleich zwischen einem anderen Aussehen von Armen (oder eben entwicklungsmäßigem Fehlen von Teilen des Armes) und dem Verlust durch Unfall und Operation dargestellt habe, gilt natürlich auch für den Genitalbereich. Wie sagte doch Prof. Dr. Mieth auf die Frage nach der Vielfalt von Geschlecht: "Ich finde menschenrechtlich gesehen wäre es notwendig diese Variablen gelten zu lassen. Es ist ja klar, dass gläubige Menschen der Meinung sind, dass sie von Gott gewollt sind und dass es offen gelassen ist, wie sie zu sein haben, also die Menschen es auch offen lassen sollen, weil eben diese Varianten alle in ihrer Individualität von einem Schöpfer gewollt sind."

5.1 Forderungen an das Gesetzgebungsverfahren:

1. Forderung: Der Gesetzgeber muss die Voraussetzung dafür schaffen, dass der Eintrag im Geburtenbuch nicht von einer genitalen oder insgesamt geschlechtlichen Eindeutigkeit abhängig gemacht wird. Neben der Eintragung von männlich und weiblich muss es möglich sein bei Geschlechtsuneindeutigkeit oder Geschlechtsmehrdeutigkeit den Eintrag männlich/IS (Intersexuell), weiblich /IS oder nur IS zu machen. Die ausschließliche Wahl eines geschlechtsneutralen Namen muss möglich sein.

2. Forderung: Es muss, im Sinne des GG Art. 2 Abs. 2, das Recht auf körperliche Unversehrtheit durchgesetzt werden. Irreversible chirurgische oder medizinische Eingriffe, die einer Geschlechtszuweisung dienen sind eine vorsätzliche Körperverletzung und Verstümmelung. Die Eltern sind über die Andersartigkeit ihres Kindes vollständig aufzuklären und haben das Recht auf psychologische Unterstützung, wenn sich dies als notwendig erweist und von ihnen gewünscht wird. Die Aufklärung muss vor allem auch beinhalten, dass man beim Neugeborenen nichts über seine Geschlechtsidentität wissen kann. Bei gesundheitlich notwendigen medizinischen Maßnahmen für IS sind sowohl die Diagnose, als auch die Behandlungsberichte beim Geburtsstandesamt zu hinterlegen um Vertuschung und Verdrehung von Tatsachen zu unterbinden.

3. Forderung: Jugendliche haben ab Erreichen der Schuldfähigkeit das Recht, durch Vorsprache beim Standesamt ihres Wohnortes, ihre Vornamen ändern zu lassen. Wird ein Name des anderen Geschlechtes gewählt oder ein geschlechtsneutraler Name in einen eindeutigen Namen geändert oder umgekehrt, so ist eine Bescheinigung des behandelnden Arztes, eines Psychologen oder einer anderen qualifizierten Stelle mit vorzulegen, aus der hervorgeht, dass fachliche Beratung in Anspruch genommen wurde. Für IS werden Jugendliche von Amtswegen zu dieser Vorsprache eingeladen (damit soll erreicht werden, dass die Eltern und Ärzte das Kind, jeweils altersgerecht mit seiner Andersartigkeit vertraut machen und über Lösungsmöglichkeiten mit ihm sprechen; die Mauer des Schweigens über Intersexualität kann nur so durchbrochen werden).

4. Forderung: Das Recht zur Vornamensänderung im Sinne der 3. Forderung, besteht zeitlich unbegrenzt natürlich auch später. Es kann einmal durch reine Willenserklärung in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus gehende Änderungswünsche sind im Sinne des § 47 PStG durch ein Amtsgericht zu klären.

Die Realisierung dieser Forderungen muss für alle Menschen gelten, nicht nur "für Menschen in besonderen Fällen", wie es zur Zeit im TSG heißt. Sie sind also in geeigneter Form in das geltende Personenstandsrecht und Namensrecht einzubauen und es sind die weiteren Rechtsvorschriften für die Standesbeamten dem anzupassen. Da der Vollzug des PStG Ländersache ist muss sicher gestellt werden, dass ein für alle Bundesländer gleichwertiger Weg eingeschlagen wird.

5. Forderung: Ein Mensch, der körperlich anders aussieht als es normalerweise von der Gesellschaft erwartet wird, hat trotzdem Anspruch auf die Unantastbarkeit seiner Würde und körperlichen Unversehrtheit. Leidet er unter dem gesellschaftlichen Druck, der aus der Andersartigkeit entsteht, hat nur er das Recht im Sinne einer Rehabilitation medizinische und eventuell chirurgische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er ist über Möglichkeiten und Risiken umfassend aufzuklären. Die Kosten für eine Rehabilitation hat, unabhängig vom eigenen Versicherungsstatus, die Allgemeinheit zu tragen, die sie ja durch ihr Verhalten erst aus der Andersartigkeit eine Behinderung in der Persönlichkeitsentwicklung macht und die freie Entfaltung der Persönlichkeit einschränkt. Ist ein Mensch zum Zeitpunkt, in dem Hilfe gewährt werden soll noch nicht einwilligungsfähig, so darf nur nach tatsächlichen Erkenntnissen der Wissenschaft geholfen werden. In jedem Fall ist ein unabhängiger Anwalt für den Unmündigen vor Vollzug irgend welcher Maßnahmen einzuschalten. Nur wenn Erziehungsberechtigte, Ärzte und der Anwalt der übereinstimmenden Meinung sind, dass eine chirurgische Rehabilitationsmaßnahme im Sinne des Kindes ist, darf diese durchgeführt werden.

Da der Genitalbereich nicht öffentlich zur Schau gestellt wird, unterliegen chirurgische geschlechtszuweisende oder geschlechtsanpassende Maßnahmen ausschließlich dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen. Er hat auch das Recht vorläufig oder dauerhaft auf geschlechtskorrigierende Maßnahmen zu verzichten, ohne dass ihm daraus andere Rechtsnachteile entstehen dürfen.

Diese Forderung wirkt noch weit mehr als die ersten vie, in unsere religiös geprägte, westlich abendländische Kultur und Rechtsordnung hinein. Sie zwingt dazu verschiedene Begriffe, die teilweise Basis unserer Sozialordnung und Rechtsordnung sind neu zu überdenken. Dass die Vorgabe Mann und Frau, als alleinige natürliche Geschlechtsnorm nicht haltbar ist, wurde ja bereits hinreichend dargestellt. Wie aber steht es mit den Folgebegriffen aus dieser einengenden Vorgabe?

5.2 Der Familienbegriff:

Familie ist die Summe von Menschen die miteinander verwandt sind, also biologische Abkömmlinge in einer bei uns rechtlich abgestuften Form des Verwandtschaftsgrades: Eltern - Kinder, Enkelkinder - Großeltern, Geschwister untereinander, Onkel und Nichte, ... Verwandtschaft im rechtlichen Sinne entsteht aber auch durch öffentlich beglaubigten Vertrag. Dies betrifft die Partnerschaft zweier Erwachsener durch öffentlich geschlossenen Vertrag in Form der Ehe oder Eingetragenen Lebenspartnerschaft, aber auch zwischen Erwachsenen und Kindern durch öffentlich beurkundete Adoption. Menschen, die miteinander verwandt sind, im Sinne der gemachten Beschreibung, räumt der Staat besondere Rechte ein, z.B. das Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht. Er legt ihnen aber auch besondere Pflichten auf, z.B. die Pflicht zur gegenseitigen sozialen Fürsorge.

Die kleinste Zelle der Familie ist das Zusammenleben zweier Menschen, die durch Abstammung oder Vertrag miteinander verwandt sind. Zur Zeit der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Grundgesetzes, die ja die Basis für unser Gemeinwesen bilden, ging man stillschweigend davon aus, dass die Gründung einer Familie darauf angelegt ist Kinder in die Welt zu setzen. Da Kinder das "größte Kapital" in unserer Gesellschaft sind (wir erleben es gerade jetzt mit den Problemen der demographischen Entwicklung), wurde die Familie unter den besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG gestellt.

Familie sind aber auch zwei Geschwister, die durch einen Unfall ihre Eltern verloren haben. Diese Familie ist zwar auf tragische Weise in ihrer Substanz reduziert, im Sinne des GG aber nach wie vor vorhanden. Entgegen der ausdrücklichen Zusage des Grundgesetzes kommt es aber immer wieder vor, dass solche Geschwister, nach dem Verlust ihrer Eltern, auch noch getrennt werden, in verschiedenen Pflegefamilie oder Heimen untergebracht oder sogar getrennt zur Adoption freigegeben werden. Eine Sozialordnung und Gesetzgebung die dies zulässt verstößt damit ausdrücklich gegen Art. 6 Abs. 1 GG.

Familie ist auch eine alleinerziehende Mutter oder ein alleinerziehender Vater. Geht die Mutter mit einer Frau oder der Vater mit einem Mann eine Eingetragene Lebenspartnerschaft ein, so muss der Art. 6 Abs. 1 GG natürlich in vollem Umfang fortbestehen. Es ist mit dem GG nicht vereinbar den Schutz des GG nur einem Teil dieser neuen Familie zu gewähren. In Folge ist es auch unzulässig dieser Familie Rechte vorzuenthalten, die ihre Legitimation aus dem Grundgesetz ableiten (die Pflichten der Sozialgesetzgebung werden ihnen dagegen heute schon voll auferlegt).

Familie ist auch die staatlich beurkundete Verbindung von Mann und Frau. Sie gewinnen damit den besonderen Schutz des GG und der sich daraus ableitenden Gesetze, ohne sich verpflichten zu müssen Kinder in die Welt zu setzen oder zu adoptieren.

Familie ist auch die Verbindung von zwei Frauen oder zwei Männern, wenn sie diese staatlich beurkunden lassen. Ihnen wird aber, auch wenn sie es wollen, die Adoption und Erziehung von Kindern vorenthalten.

Die unter den besonderen Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG gestellte Ehe setzt in den Folgegesetzen voraus, dass die ehewilligen Partner die Ehefähigkeit nachweisen. Ein Teil dieser Ehefähigkeit ist die Bedingung, dass die Partner nicht dem selben Geschlecht angehören. Entsprechend dieser Bedingung und der am Anfang gemachten Definition von Geschlecht müssten also folgende Menschen eine Ehe eingehen können:

1. Cis-Frau mit Cis-Mann
2. Cis-Frau mit Trans-Frau
3. Cis-Frau mit Trans-Mann
4. Cis-Frau mit IS-Mann
5. Cis-Frau mit IS-Frau
6. Cis-Frau mit IS/Zwitter
7. Cis-Mann mit Trans-Frau
8. Cis-Mann mit Trans-Mann
9. Cis-Mann mit IS-Frau
10. Cis-Mann mit IS-Frau
11. Cis-Mann mit IS/Zwitter
12. Trans-Frau mit Trans-Mann
13. Trans-Frau mit IS-Mann
14. Trans-Frau mit IS-Frau
15. Trans-Frau mit IS/Zwitter
16. Trans-Mann mit IS-Frau
17. Trans-Mann mit IS-Mann
18. Trans-Mann mit IS/Zwitter
20. IS-Frau mit IS-Mann
21. IS-Frau mit IS/Zwitter
22. IS-Mann mit IS/Zwitter

Nach gängiger kultureller Vorstellung der Gesellschaft gibt es scheinbar nur die unter 1. genannte heterosexuelle Beziehung. Unter Berücksichtigung des seit 1980 geltenden TSG kommen nach dieser Vorstellung noch die unter 3. und 7. genannten Partnerschaften vor, mit der fehlerhaften Vorstellung, dass durch eine Entscheidung nach § 8 TSG ein Geschlechtswechsel stattgefunden hätte. In Wahrheit ist es aber lediglich eine gesetzliche Änderung in der Geburtsurkunde. Das Geschlecht des Menschen wird dadurch nicht verändert, lediglich die soziale Anerkennung in einer gesellschaftlich geprägten Geschlechtsrolle.

Betrachten wir noch die Möglichkeiten von homosexuellen Beziehungen, die ja nur dann eine Eingetragene Lebenspartnerschaft begründen können, wenn sie das gleiche Geschlecht haben. Es ergeben sich folgende Möglichkeiten:

1. Cis-Frau mit Cis-Frau
2. Cis-Mann mit Cis-Mann
3. Trans-Frau mit Trans-Frau
4. Trans-Mann mit Trans-Mann
5. IS-Frau mit IS-Frau
6. IS-Mann mit IS-Mann
7. IS/Zwitter mit IS/Zwitter

Auch hier geht die Gesellschaft und auch der Gesetzgeber davon aus, dass es eigentlich nur die beiden ersten Paarungen gibt. Im Gegensatz zu Heterosexualität, die 22 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten bietet, sind aber bereits mit 7 Paarungen alle Möglichkeiten der Homosexualität erfasst. Ich darf an dieser Stelle nochmals auf den Abschnitt 4.1 hinweisen, in dem deutlich werden sollte auf welch, teilweise groteske Art sich die Gesellschaft, Wissenschaft und der Gesetzgeber verbiegt, oder auch stillschweigend mit seinen Absichten verbiegen lässt, um zu vermeiden, dass die Basis der allgemeinen Vorstellungen über Geschlecht und Partnerschaft hinterfragt werden.

6. Forderung: Die Begriffe Ehe und Familie müssen gesellschaftlich, vor allem aber juristisch neu definiert werden. Das Grundgesetz dazu zu benutzen religiös kulturell aufgestellte Dogmen und Rieten zum einzig gültigen Recht über das universelle Lebensrecht des Menschen zu stellen ist durch nichts zu rechtfertigen. Diese Forderung steht auch nicht im Widerspruch zur Präambel des Grundgesetzes, in der es heißt: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, ...". Es heißt nicht "in Verantwortung von Kirchen oder Religionsgemeinschaften, die Gott für sich mehr oder weniger vereinnahmen wollen". Die Gesellschaft gerät nicht aus allen Fugen, wenn es den Kirchen vorbehalten bleibt eine Art der Partnerschaft als Ehe vor einem Altar zu bekräftigen und andere Partnerschaften, aus ihrer religiösen Überzeugung, von diesem Segen auszuschließen. Als Ehe muss deshalb jede Verbindung bezeichnet werden, die sich durch öffentliches Bekenntnis vor staatlichen Stellen zur gegenseitigen Partnerschaft verpflichtet oder es muss für eine derartige Verbindung ein anderer Begriff gefunden werden, wenn der Staat nicht will, dass der christlich belegte Begriff "Ehe" für öffentliche Verträge verwendet wird. Die Franzosen haben dafür den PAX gewählt, ohne die vor der staatlichen Gemeinschaft begründete Ehe abzuschaffen. Der PAX setzt voraus, dass alle Voraussetzungen der Ehefähigkeit nachgewiesen werden müssen, mit Ausnahme der Einschränkung durch Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht. Der PAX begründet auch ein Verwandtschaftsverhältnis, nicht durch Geburt sondern durch öffentlichen Vertrag, mit allen Rechten und Pflichten eines Verwandtschaftsverhältnisses.
Es muss Aufgabe des Gesetzgebers sein eine Rechtsform der staatlich begründeten Partnerschaft zu finden, die Diskriminierung wegen des Geschlechtes ausschließt, oder die Bevorzugung einzelner Geschlechter vornimmt, entgegen dem Art. 3 Abs. 3 GG, dass niemand wegen seines Geschlechtes bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Im Sinne des Grundgesetzes ist es erforderlich den Art. 6 Abs. 1 GG zu ändern in: "Die Familie steht unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung". Die entsprechenden Gesetze im BGB, Eherecht und PStG müssen entsprechend angepasst werden. Vom Recht auf eine staatlich eingetragene Partnerschaft darf kein Bürger ausgeschlossen werden.

5.3 Das soziale Geschlecht Mann und Frau:

Die über Jahrtausende gewachsene Vorstellung, es gäbe nur Mann und Frau, hat in unserer Kultur und im Umgang der Menschen miteinander auf der einen Seite tiefe Wurzeln, auf der anderen Seite aber auch viel Veränderung durch Einsicht hervorgebracht. Die Ungleichbehandlung der beiden Geschlechter, soweit sie nicht biologisch bedingt ist, wie beim Schutz eines schwangeren Menschen, ist zwar rechtlich scheinbar überwunden, in der gesellschaftlichen Praxis sind wir aber noch sehr weit von einer tatsächlichen Gleichstellung entfernt, trotz aller bisher erzielten Erfolge. Das Gleichheitsprinzip wurde durch Veränderung des Grundgesetzes, mit der Erweiterung des Art. 3 GG, sogar ausdrücklich festgeschrieben. Wegen der fehlenden Definition von Mann und Frau, bzw. von Geschlecht, wurde der Art. 3 streng genommen in sich selbst verfassungswidrig. Wenn es laut Art. 3 Abs. 3 GG verboten ist einen Menschen wegen seines Geschlechtes zu benachteiligen oder zu bevorzugen, dann bedeutet Art. 3 Abs. 2 GG einen Verfassungsverstoß, denn es heißt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, ihnen also bevorzugende Rechte gegenüber anderen Geschlechtern eingeräumt werden.

7. Forderung: Der Art. 3 Abs. 2 GG muss also wie folgt geändert werden: "(2) Alle Geschlechter sind gleichberechtigt. Es ist die Aufgabe aller staatlichen Gewalt für die Gleichberechtigung zu sorgen wo sie noch nicht hergestellt ist." Nur eine derartige Änderung stellt die Verfassungsmäßigkeit des Grundgesetzes wieder her.

Das Grundgesetz ist die Basis unserer Rechtsordnung und damit greift es eben auch sehr stark in unsere Sozialordnung ein. Die Rechtsfolgen einer Gleichstellung von Geschlechtern, auch im heutigen Wortlaut von Mann und Frau, ist kein Auftrag oder Freibrief in die Natur oder Schöpfung einzugreifen um eine Gleichschaltung zu erreichen. Es ist vor allem kein Auftrag zur Geschlechtsvereindeutigung oder Geschlechtsverstümmelung, um das soziale, kulturell und religiös geprägte Gefüge der Gesellschaft vor Störungen durch die Vielfalt der Natur zu schützen.

Die Andersartigkeit eines Menschen in unserer Gesellschaft kann in seiner Hautfarbe, seinem Glauben, seinem abstammungsmäßigem Aussehen oder eben auch in seinem anderen Geschlecht liegen. Unsere Gesellschaft hat sich dazu verpflichtet, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Von der universellen Selbstverpflichtung ist die Gesellschaft teilweise noch sehr weit entfernt. Dies gilt leider auch für Mitglieder der Legislative, Exekutive und Judikative. Im Kreislauf der gegenseitigen Rechtfertigung werden Verantwortungen hin und her geschoben. Im Zweifelsfall beruft man sich dann auf Experten oder Gutachten, auf geltende Rechte, Rechtsnormen und "Erkenntnisse der Wissenschaft" und muss so keine persönliche Verantwortung dafür übernehmen, dass falsche Grundlagen der Betrachtung eines Problems natürlich auch zu falschen Ergebnissen führen. Betroffene Menschengruppen müssen dann oft einen über Generationen andauernden Kampf gegen diese falsche Basis für "Erkenntnisse" führen. Oft haben die Einzelnen der Gruppe nicht die Kraft dies durchzustehen und sie versuchen, um zu überleben, sich der Erwartungshaltung der Gesellschaft anzupassen oder ihre Andersartigkeit zu verstecken. Das jüngste Beispiel eines solchen Kampfes sollten wir alle noch vor Augen haben. Homosexualität war pathologisiert, bis hin in den kriminellen Bereich geschoben, durch "Wissenschaftler" und "Experten" klar definiert und begründet, bevor es nach über 80 Jahren den Betroffenen gelang Stück für Stück ihr Recht auf Würde und freie Entfaltung der Persönlichkeit durchzusetzen und die Expertenaussagen als pseudowissenschaftlich zu enttarnen. Die Bilder in den Köpfen der Menschen in unserer Gesellschaft, in den vergangene Jahrzehnten aufgebaut durch Politik, Wissenschaft und Religion, haben diesen Wandel noch lange nicht nachhaltig mit vollziehen können.

Transgender, also Menschen mit abweichendem, uneindeutigem oder mehrdeutigem Geschlecht, stehen erst am Anfang eines ähnlichen Kampfes. Es gibt zwar schon eine erhebliche Zahl, auch wissenschaftlich begründeter Texte, die sich des Themas kritisch annehmen. Es gibt auch einen wissenschaftlich geführten "Expertenstreit". Dieser "Expertenstreit" geht aber, wie auch die an einigen Universitäten etablierten Genderstudies, von einer natürlichen Zweigeschlechtlichkeit aus. In beiden Fällen wird die falsche Basis über Geschlecht nur zaghaft hinterfragt. Es gibt aber für die Aufklärung der Gesellschaft keine allgemeinverständlichen Publikationen, die sich kritisch mit der widernatürlichen Normung von Geschlecht auseinander setzen. Die meisten Publikationen befassen sich mit dem Leid bei geschlechtlicher Abweichung oder der Freude, dass eine Anpassung an Gesellschaftsnormen möglich und rechtlich erlaubt ist. Damit wird das Kernproblem aber verdrängt. Eine Beschäftigung mit der Tatsache einer gesunden Geschlechtervielfalt findet nicht statt.

Auf der anderen Seite haben sich natürlich in den Jahrtausenden der Polarisierung von Geschlecht auch Umgangsformen entwickelt, die u.a. Höflichkeit und Respekt voreinander zum Ausdruck bringen. Die Anrede Herr X oder Frau Y sind Ausdruck des sozialen Geschlechtes, bzw. der Reflexion des Geschlechtes in der Gesellschaft. Wie aber sollte eine dritte, vierte oder fünfte Anredeform lauten und wie sollte ein Mensch dem Gegenüber zum Ausdruck bringen mit welcher Form er sich richtig angesprochen fühlt. In der sozialen Wahrnehmung wird es wohl, auch als reine Anredeform, zunächst bei einer Zweigeschlechtlichkeit bleiben. Es ist aber wichtig, dass es in das Bewusstsein der Bevölkerung Eingang findet, dass sich hinter der Anrede Herr oder Frau eben mehr als jeweils ein Geschlecht verbergen kann.

8. Forderung: Sowohl die Verantwortlichen des Ministeriums für Jugend, Familie und Senioren, als auch des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft müssen dafür sorgen, dass in allen Ebenen der Erziehungswissenschaften und der Bildung, vom Kindergarten bis zum Hochschulstudium, dass Wissen über Geschlechtervielfalt altersgerecht und ausbildungsgerecht zur Verfügung gestellt und vermittelt wird. Nur so kann nachhaltig auch erreicht werden, dass Diskriminierung eines Menschen in allen Lebensbereichen wegen abweichendem, uneindeutigem oder mehrdeutigem Geschlecht verhindert wird. Die Kultusministerkonferenz, als verantwortliches Gremium für Erziehung und Bildung in den Bundesländern ist ebenfalls in der Verantwortung. Es muss verhindert werden, dass das Dogma einer angeblich ausschließlich natürlichen Zweigeschlechtlichkeit weiterhin die Grundlage von Expertengesprächen ist. Es muss den Verantwortlichen klar sein, dass es der Gesellschaft zugemutet werden kann und muss, die Würde aller Menschen als unantastbar zu begreifen und jedem Menschen das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zuzubilligen. Es ist auch zumutbar, dass weder Experten noch die Gesellschaft einen Menschen wegen seines Geschlechtes diskriminieren. Die Falschaussagen der Wissenschaft, hier vor allem der Sexualmedizin und der Sexualpsychologie, im Hinblick auf Geschlecht klingen nur deshalb logisch weil sie auf einem falschen Basis(un)wissen über Geschlecht beruhen.

5.4 Gesundheit und Rehabilitation:

Jeder Mensch, auch ein Mensch mit abweichendem, uneindeutigem oder mehrdeutigem Geschlecht kann krank werden oder durch einen Unfall an seiner Gesundheit Schaden nehmen. Unsere Sozialgemeinschaft hat sich verpflichtet diesen Menschen medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Durch die Entwicklung und Struktur unserer Gesellschaft, die in den letzten Jahrzehnten überproportional zu einem Anstieg von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen führte, wurde dieses Hilfsangebot auch auf psychotherapeutische Hilfe erweitert. Parallel dazu, verstärkt ab Beginn der 70er Jahre wurde dazu der Rechtsanspruch für Rehabilitation eingeführt, für Menschen die durch Geburt, durch Unfall oder durch Krankheit in ihrer Lebensqualität mehr oder weniger dauerhaft eingeschränkt sind oder drohten eingeschränkt zu werden. Die Methoden der Rehabilitation reichen vom Einsatz medizinischer und chirurgischer Hilfen, über ergotherapeutische Maßnahmen bis hin zum Sozailtraining und Berufseingliederung, um nur die wichtigsten Eckpunkte zu nennen. Ein Rehabilitationsanspruch entsteht immer, wenn eine Andersartigkeit unabhängig von ihrer Ursache gegenüber dem als normal und gesund gesehenen Zustand zur Einschränkung der Lebensqualität führt. Ziel der Rehabilitation ist es, zusammen mit dem Betroffenen, Einschränkungen einer Andersartigkeit weitgehend zu überwinden oder, wenn dies nicht erreichbar ist, Möglichkeiten zu schaffen oder zu erlernen mit der Andersartigkeit ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Unsere Gesellschaft geht derzeit noch von einem "normalen Erscheinungsbild" von Mann und Frau aus. Woher sollte sie es auf Grund fehlenden Wissens und sogar falscher Information auch anders wissen. Transgender stören durch ihre reale Existenz dieses "heile" Weltbild. Je nach ihrem sozialen Umfeld und den Möglichkeiten der Erziehung werden sie durch die Gesellschaft in der freien Entwicklung ihrer Persönlichkeit eingeschränkt und behindert. In der irrigen Auffassung der medizinischen Wissenschaft Menschen vor dieser gesellschaftlichen Behinderung schützen zu können, werden Babys mit uneindeutigem oder mehrdeutigem Geschlecht sogar von Medizinern verstümmelt (dass es eine Verstümmelung ist habe ich ja schon hinreichend dargestellt). So lange die Gesellschaft durch ihre Auffassung, Andersartigkeit des Geschlechtes sei krankhaft oder pervers, Transgender behindert, bis hin zum Entstehen der vielschichtigsten Sekundärerkrankungen, ist sie im Gegenzug verpflichtet alle Möglichkeiten der individuellen Rehabilitation zur Verfügung zu stellen.

9. Forderung: Transgender, also Menschen mit abweichendem, uneindeutigen oder mehrdeutigem Geschlecht, sind primär zunächst nicht krank. Im Laufe ihrer Entwicklung können aber durch die kulturellen, religiösen, erzieherischen und sonstigen sozialen Einflüsse sekundäre Erkrankungen vom psychischen bis hin zum somatischen Bereich entstehen. Daraus ergibt sich eindeutig der Anspruch auf individuelle Rehabilitation um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Die Schaffung des Begriffs Krankheitswert war zwar in Ermangelung einer umfassenden Einsicht hilfreich, ist aber auf Dauer gesehen eindeutig falsch. Unabhängig von der eigenen Sozialversicherung hat jeder Transgender den individuellen Rehabilitationsanspruch gegenüber der Gesellschaft. Die Kosten der Rehabilitationsleistungen sind auch nicht vom einzelnen Versicherungsträger zu tragen sondern von der Gemeinschaft aller Versicherungsträger und den Einrichtungen wie Sozialamt und Arbeitsagentur. Der Rehabilitationsanspruch ist nicht erst begründet wenn körperlicher oder psychischer Schaden entstanden ist, sondern auch und vor allem schon dann, wenn präventiv Schaden durch rechtzeitige Rehabilitation verhindert werden kann. Der Gesetzgeber ist gefordert umgehend die Voraussetzungen für die Umstellung vom Krankheitsprinzip ins Rehabilitationsprinzip zu schaffen. Der Gesetzgeber muss vor allem dafür sorgen, dass auch frühzeitige Willensentscheidungen von Kindern und Jugendlichen, bezogen auf ihr Geschlecht ernst genommen werden und Möglichkeiten angeboten werden sekundäre Schädigungen weitgehend zu vermeiden. Es ist eine vom Erwachsenendenken geprägte, eigentlich überhebliche Falschaussage der Erziehungswissenschaft und Psychologie, dass Kinder noch nicht wissen können was sie sind und dazu erzogen werden müssten. Erziehung kann erwünschtes Verhalten verstärken und unerwünschtes Verhalten abschwächen. Erziehung kann auch dazu führen, dass Gefühle unterdrückt werden, bis hin zur Verdrängung. Erziehung kann aber keine Geschlechtsidentität erzeugen oder sogar verändern. Die Behauptung, dass dies möglich und sogar nötig sei, in den 50er Jahren vor allem in den USA publiziert und auch bei uns dann angewandt, ist inklusive der damals vorgelegten "Beweise", als völlig unhaltbar enttarnt worden.

5.5 Sport und seine soziale Bedeutung:

Dem Bereich Gesundheit und Rehabilitation wird auch der Sport zugerechnet, sowohl der Breitensport, Wettkampfsport und Spitzensport. Aus diesem Grunde werden sowohl Vereinen, als auch den in den Vereinen ehrenamtlich Tätigen besondere Rechte, z.B. im Steuerrecht eingeräumt. Darüber hinaus erfährt vor allem der Breitensport wegen seiner gesundheitlichen und sozialen Bedeutung erhebliche Hilfen von den verschiedensten öffentlichen und staatlichen Stellen, auch Krankenkassen.

Im Sport wird, und wurde schon immer, eine strickte Trennung in männlich und weiblich vorgenommen, auf der Grundlage des Eintrages in die Geburtsurkunde, der unterstellt wird, dass sie das Geschlecht eines Menschen damit auch richtig angibt. Selbst bei Sportarten, in denen gemischte Doppel gespielt werden ist Geschlechtszuweisung bei der Geburt das ausschlaggebende Kriterium für die Startberechtigung. Für die Zuweisung bei der Geburt ist ein eindeutiges genitales Erscheinungsbild entscheidend. Auf der anderen Seite ist mir keine einzige Sportart bekannt, in der das genitale Erscheinungsbild eine wettkampfentscheidende Rolle spielt. Ab Ende der 60er Jahre mussten aber auch die Sportverantwortlichen zur Kenntnis nehmen, dass diese Geschlechtszuweisung bei der Geburt falsch sein kann. Zunächst versuchte man Einzellösungen zu schaffen, in der Annahme, es handele sich ja um ein sehr seltenes Phänomen. Diese Annahme erwies sich jedoch zunehmend als falsch.

In der Praxis traten Transgender im Sport jedoch tatsächlich selten auf. Ursache dafür ist aber nicht die Seltenheit, sondern der diskriminierende Umgang mit Transgendern im Sportbereich. Gemeinschaftsduschen und Gemeinschaftsumkleideräume werden im Sport als selbstverständlich hingenommen. Dabei wird der Genitalbereich sichtbar und jede Abweichung führt zu Diskriminierung und Verletzung des Schamgefühls des betroffenen Sportlers oder der betroffenen Sportlerin. Benutzt er/sie eine Einzeldusche wird dies als Abgrenzung von den Anderen verstanden und führt ebenfalls zu Diskriminierung. Transgender vermeiden deshalb entweder von Anfang an die Teilnahme am Sport oder ziehen sich aus ihm zurück, sobald sie sich ihrer "Normabweichung" bewusst werden. Damit entledigen sich die Sportverantwortlichen selbst jeglicher Verantwortung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG, dass niemand wegen seines Geschlechtes benachteiligt werden darf. Alle Sportverantwortlichen, vom "kleinsten" Übungsleiter bis hin zum Präsidenten des NOK tun dies aber permanent. Transgender werden also von der Teilnahme am Sport ausgegrenzt. Der Gedanke sie für die Teilnahme am Behindertensport zuzulassen scheiterte ebenfalls an der Geschlechtertrennung und wurde sofort wieder verworfen. Außerdem gibt es auch behinderte Transgender, die ebenfalls die Diskriminierung im Spot erfahren.

Es muss festgestellt werden, dass ausgerechnet der Sport, wegen seiner sozialen und gesundheitlichen Förderungswürdigkeit von Staat vielfältig begünstigt, zur Diskriminierung und Ausgrenzung von Transgendern aktiv beiträgt.

Das IOC hat vor einigen Monaten festgestellt, dass "Transsexuelle" zu den Wettkämpfen zugelassen werden müssen, wenn sie ihren Namen und ihr Geschlecht in der Geburtsurkunde geändert haben. Dieser Beschluss scheint sehr fortschrittlich. Er erfasst jedoch weder das Problem, noch bietet er eine Lösung. In vielen Ländern der Welt kann zwar ein Transgender Behandlungen in Anspruch nehmen oder es ist erlaubt, dass er sie an sich vornehmen lässt, die Änderung in der Geburtsurkunde erfolgt jedoch nicht, da es dafür keine Rechtsgrundlage gibt, so auch in Großbritannien. Der Beschluss, da er nicht in seiner Wirkung durchdacht wurde, ist also nichts anderes als eine unbeabsichtigte Augenauswischerei. Würde sich das NOK darauf stützen, änderte es an der Kurzsichtigkeit, dass damit keine Lösung geschaffen wird, nichts.

Der Sport wird zwar teilweise von Transgendern gemieden, aber er wird auch als Möglichkeit der Selbstbestätigung genutzt. Zum Teil geschieht dies um zu erproben das zugewiesene Geschlecht zu akzeptieren, zum Teil auch dazu das gefühlte Geschlecht auszuleben ohne sich dazu öffentlich bekennen zu müssen. So erleben wir z.B. "Frauen" die sich im Fußballsport engagieren, der immer noch als eine Domäne der Männer angesehen wird, um ihre Männlichkeit auszuleben, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob sie nicht doch eher Männer sind (diese Beobachtung reicht bis in die Bundesliga). Die selbe Beobachtung machen wir immer wieder beim Polizeisport, sowohl bei der Schutzpolizei als auch beim Grenzschutz. So outeten sich erst vor wenigen Jahren 4 "Frauen", die sich besonders durch ihren sportlichen Einsatz von den anderen 8 Frauen einer Hundertschaft des Grenzschutzes, die im Regierungsumfeld tätig ist, als Transmänner. Vor ihrem Outing waren sie natürlich auch beim Wettkampfsport zugelassen. Als sie aber zu ihrem Transmannsein standen und eine hormonelle Behandlung begannen wurden sie von Wettkämpfen ausgeschlossen. In der Damenklasse durften sie nicht mehr starten, da Testosteron dort ein unerlaubtes Dopingmittel ist, in der Herrenklasse wurden sie nicht zugelassen, da sie laut Personalpapieren noch Frauen waren.

Den umgekehrten Fall gab es, um ein Beispiel zu nennen, im Schießsport. Eine Transfrau, die in der Zeit als sie noch das zugewiesene Geschlecht männlich lebte ein "Leistungsträger" ihres Vereins war, wollte auch nach dem sozialen Umstieg und Beginn der Behandlung ihren Sport weiter betreiben. Der Antrag des Vereins sie in der Damenklasse starten zu lassen wurde abgelehnt, obwohl sie unter dem Einfluss der Östrogenbehandlung keine Wettbewerbsvorteile hatte. Die Begründung lautete, sie habe ja noch keinen Gerichtsbeschluss über die Änderung des Vornamens und Geschlechtes. Der Kompromissvorschlag sie als Frau in der Herrenklasse antreten zu lassen wurde ebenfalls abgelehnt. Dem Verein wurde mitgeteilt, dass "er" ja in der Herrenklasse startberechtigt sei, aber nur unter "seinem" amtlichen Namen, also als "Herr ..." und selbstverständlich in der vorgeschriebenen Wettkampfkleidung, also männlich. Dass die Sportlerin schon seit Monaten als Frau lebt und sich auch ihr körperliches Erscheinungsbild deutlich verweiblicht hat interessierte die Verantwortlichen im Bundesvorstand der Sportschützen nicht. Die Sportlerin wurde für die Zeit bis sie die amtliche Anerkennung nachweist vom Sport ausgeschlossen.

Berechtigterweise wird von Transgendern gefordert, dass sie sich sozial integrieren und in allen Bereichen des täglichen Lebens sich prüfen, ob es für sie möglich ist die gefühlte Geschlechtsrolle auch zu leben. Ausgerechnet der Bereich, dem hohe soziale und gesundheitliche Kompetenz zugeschrieben wird, schließt diese Menschen aus und diskriminiert sie.

10. Forderung: Die bisherige Praxis der Verantwortlichen für den Sport im Umgang mit Menschen mit abweichendem, uneindeutigem oder mehrdeutigem Geschlecht verstößt gegen Art.3 Abs. 3 GG und kann so nicht weiter hingenommen werden. Es ist Aufgabe der Verantwortlichen und der Aufsichtsorgane Lösungen zu finden, die diesen Grundgesetzverstoß in Zukunft verhindern. Eine gerichtliche Feststellung eines Namens und Geschlechts ändert kein Geschlecht. Es erlaubt dem Betroffenen lediglich den Besitz von Personalpapieren, die seinem sozial wahrnehmbaren Geschlecht entsprechen. Auch wenn dies nicht einfach sein wird muss für den Sport eine Lösung gefunden werden, die sich nicht ausschließlich auf die dogmatische Zweigeschlechtlichkeit beruft. Die Behauptung, es sei zumutbar, gegenüber den anderen Sporttreibenden, in der Übergangsphase auf die Teilnahme am Sport zu verzichten, kann jedenfalls keine Lösung sein. Sie würde dazu führen, dass Zwitter und weitere Gruppen von Intersexuellen (z.B. XX-Männer, XY-Frauen), sowie Transfrauen und Transmänner die auf eine gesetzliche Änderung verzichten, weil sie verheiratet sind und auch verheiratet bleiben wollen, dann dauerhaft vom Wettkampfsport ausgeschlossen bleiben.

5.6 Weitere Bereiche der Geschlechterdiskriminierung

Die bisher angesprochenen Problemfelder zeigen bereits auf, dass es sicher ein erhebliches Umdenken erfordert, wenn Lösungsansätze gesuchte werden. Befriedigende Lösungen werden sich vielfach nur schrittweise erreichen lassen. Einiges muss aber sofort geschehen. Über das Aufgezeigte hinaus wirkt aber die kulturell, religiös geprägte Vorstellung der "natürlichen" Zweigeschlechtlichkeit in weit mehr Problemkreise hinein.

Bundeswehr: Seit das Grundgesetz dahingehend geändert wurde, dass auch Frauen den Dienst an der Waffe tun dürfen, stellten die Verantwortlichen fest, dass es im Bereich der freiwillig länger Dienenden und vor allem der Berufssoldaten eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Transfrauen gibt. Auf Anfrage teilte das Bundesministerium für Verteidigung mit, dass ihnen auch klar sei, dass sie in Zukunft auch die Fälle von Transmännern in ihren Reihen haben werden. Das Ministerium hat in der Zwischenzeit durch entsprechende Dienstanweisungen versucht zumindest der Lage von z.Z. Dienenden gerecht zu werden. Es ist zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass versucht wird in der Bundeswehr der Geschlechtervielfalt gerecht zu werden. Die Verantwortlichen und die Betroffenen gehen jedoch von der irrigen Annahme eines Geschlechtswechsels aus. Dass es dabei lediglich um eine berufliche und soziale Anerkennung des gefühlten Geschlechtes geht wird nicht thematisiert. Diagnostik und Behandlung sind in "gut soldatischer" Art und Weise reglementiert. Wehrpflichtige oder Freiwillige, die angeben Transgender zu sein werden weiterhin ungesehen ausgemustert.

Personenkontrollen, Polizeigewahrsam und Strafvollzug, auch forensischer Vollzug: Bei Personenkontrollen wird der Ergänzungsausweis, der auf die geschlechtliche Mehrdeutigkeit hinweist, akzeptiert und die individuelle Entscheidung des Ausweisinhabers über sein Geschlecht von Polizei, Zollbeamten und Grenzschutz überwiegend respektiert (obwohl der Ausweis grundsätzlich anerkannt ist kommt es auch zu Ignoranz). Bei Personen, die sich nicht damit ausweisen können, zählt ausschließlich der amtliche Geschlechtseintrag. In den drei anderen genannten Bereichen ist einzig der amtliche Eintrag des Geschlechtes maßgebend. So kommt es immer wieder vor, dass bereits in der Wahrnehmung dem weiblichen Geschlecht zuzuordnende Transfrauen zusammen mit Männern in Gewahrsam genommen werden (ein ganz krasses Beispiel ist die übliche Praxis in Hamburg). Bemühungen gerade in Hamburg für eine Verbesserung der Lage von Transgendern, im Zusammenhang mit Polizei und Justiz zu sorgen führten Mitte 2001 zunächst zur Entwicklung von Aufklärungs- und Bildungskonzepten vor allem bei der Schutzpolizei. Nach der im gleichen Jahr stattfindenden Wahl und dem Regierungswechsel landeten diese jedoch im Reißwolf.
Gerade im Polizeigewahrsam und Strafvollzug ist es die seltene Ausnahme, dass für die besondere Situation von Transgendern eine zumutbare und für beide Seiten tragbare Lösung gesucht wird. Erschreckend ist vor allem, dass gerade im forensischen Vollzug überwiegend kontraproduktiv gearbeitet wird (die Beispiele, Behandlungs- und Betreuungsfehler und ihre Hintergründe und Ursache darzustellen würde ein ganzes Buch füllen).

Ambulanz und Krankenhaus: Da die Medizin von männlich und weiblich ausgeht und alle Abweichungen davon als krankhaft oder ein ... Syndrom einstuft, richtet sie sich natürlich auch in der ärztlichen Versorgung nach dem Eintrag des Geschlechtes in der Geburtsurkunde. Durch fehlende Aufklärung der Ärzte und des medizinischen Personals kommt es natürlich zu Berührungsängsten und Ausgrenzungen. Es hängt vom Zufall ab, ob ein Transgender in einem Krankenhaus unter Beachtung seine Würde, die ihm das GG zusichert, behandelt und untergebracht wird.

Psychiatrische Einrichtungen: Unabhängig davon ob es sich um Tageskliniken oder stationäre offene oder geschlossene Einrichtungen handelt kann überwiegend beobachtet werden, dass sich die Verantwortlichen ausschließlich auf die Sekundärerkrankungen konzentrieren und den Patienten in seiner eigentlichen Problematik, einer abweichenden, uneindeutigen oder mehrdeutigen Geschlechtlichkeit ignorieren. Oft werden sie sogar zwanghaft auf das in der Geburtsurkunde festgeschriebene Geschlecht reduziert und behauptet, wenn sie sich endlich mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen würden, dann würde sich auch die Vorstellung über eine "Geschlechtsstörung" erledigt haben. So wird von "Fachleuten" die durch die gesellschaftlichen Zwänge hervorgerufene Sekundärerkrankung zum primären Problem erklärt und die eigentliche Ursache, die eben diese gesellschaftlichen Zwänge krankhaft werden ließ, als sekundär bezeichnet.

Alten- und Pflegeheime: Auf Grund der allgemein fehlenden Information oder sogar Falschinformation über Transgender in der Bevölkerung ist es nicht verwunderlich, dass auch im Alten- und Pflegebereich darüber Unkenntnis und Verunsicherung vorherrscht. Wenn ein Mensch, nach Verlust seiner Ehefrau sich zu seinem Frausein bekennt und als Frau lebt, kommt es immer wieder vor, dass diese Transfrau auf medizinische geschlechtsangleichende Behandlung und rechtliche Schritte zur Anerkennung als Frau verzichtet. Wird dieser Mensch zum Pflegefall oder muss in ein Altenheim, dann ist er dort zunächst wieder "Mann". Sein Verhalten wird belächelt oder mit Demenz erklärt. Neben seinen Problemen des Alters wird er zusätzlich noch menschlich entwürdigt. Leider ist dies die Regel.

Auch diese Bereiche sind nur eine Ergänzung der ausführlich dargestellten, und mit konkreten Forderungen verbundenen Bereiche. Es hat sich über Jahrtausende unserer kulturellen, religiösen und sozialen Entwicklung die Vorstellung einer ausschließlichen Zweigeschlechtlichkeit in alle Lebensbereiche eingebrannt. Jede einzelne Nische hier zu beleuchten ist weder möglich noch nötig um das Gesamtproblem zu verstehen und Schritte zum Umdenken und menschenwürdigen Handeln einzuleiten.

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