24 | 11 | 2024

Transsexualismus


Diagnose, Behandlung und Begutachtung

 

Wir kommentieren an dieser Stelle die Informationen des Medizinischen Dienstes, Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ( MDS ) zur Diagnose, Behandlung und Begutachtung von trans* Personen:

Begutachtungsanleitung Transsexualismus 2020.

 

Der folgende Abschnitt befindet sich in Überarbeitung, er bezieht sich im grau markierten Bereich auf die MDS Richtlinien Stand vor 2020 !

 

Dieses Informationspapier wurde auf Anregung des Arbeitskreises Transsexualität der Behandler und Diagnostiker in NRW im Frühjahr 2002 von Dr. Pichlo, MDK Nordrhein unter Mitwirkung von Dr. Behrends, Düsseldorf, Helma Katrin Alter, dgti und Alexander Regh, TransMann e.V. verfasst.

 

Inhalt

Escheinungsbild
Grundsätzliche Vorbemerkungen
Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen
Diagnosekriterien
Behandlungsleitlinien
Psychotherapie
Alltagserprobung
Inhaltliche Voraussetzungen für geschlechtsangleichende somatische Behandlung
Gegengeschlechtliche Hormontherapie
Geschlechtsangleichende Operationen
Transsexuellengesetz
Leistungspflicht der GKV
Sozialmedizinische Beurteilung
Antragsunterlagen
Literatur

 

Erscheinungsbild

Transsexualismus bezeichnet eine bestimmte Form der "Störungen der Geschlechtsidentität". Transsexualität ist primär kein Problem der Sexualität, sondern ein Problem der Geschlechtsidentität ( "Transidentität" ) und der Geschlechtsrolle ( "Transgender" ).

Transsexualismus ist gekennzeichnet durch die dauerhafte Gewissheit, sich dem biologisch anderen Geschlecht zugehörig zu fühlen. Dazu gehören die Ablehnung der mit dem "biologischen" Geschlecht verbundenen Rollenerwartungen und der drängende Wunsch, sozial und juristisch anerkannt im gewünschten Geschlecht zu leben. Entsprechend besteht eine graduell durchaus unterschiedliche Ablehnung der körperlichen Merkmale des angeborenen Geschlechtes sowie in der Regel der Wunsch, durch hormonelle und chirurgische Maßnahmen soweit als möglich die körperliche Erscheinungsform dem Identitätsgeschlecht anzugleichen. Diese hormonelle und chirurgische "Geschlechtsumwandlung" kann aber nur eine graduelle Angleichung sein.

Leiden oder Behinderung transsexueller Menschen manifestiert sich über die Lebensspanne auf verschiedene Weise. Bei älteren Kindern führen die Konflikte im Zusammenhang mit der Entwicklung geschlechtsangemessener Fertigkeiten und adäquater Beziehungen zu gleichgeschlechtlichen Altersgenossen häufig zur Isolation. Ächtung und Hänseleien durch Altersgenossen sind besonders verbreitete Folgeerscheinungen für Jungen, die oft ausgeprägte weibliche Manierismen und Sprachmuster zeigen. Isolation und Ächtung tragen zu einem niedrigen Selbstwertgefühl bei und können zu Schulaversion und Schulabbruch führen. Mädchen und Frauen mit Geschlechtsidentitätsstörungen erfahren allgemein eine geringere Ächtung aufgrund ihres Interesses für die Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht und haben zumindest bis zur Adoleszenz meist weniger unter Ablehnung durch Altersgenossen zu leiden. Bei Jugendlichen und Erwachsenen gerät die Vereinnahmung durch den Wunsch nach Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht häufig in Konflikt mit ganz gewöhnlichen Tätigkeiten. Beziehungsschwierigkeiten sind verbreitet und die Leistungsfähigkeit in der Ausbildung und bei der Arbeit kann gestört sein. Das Störungsbild kann so beherrschend sein, dass das psychische Leben der Betroffenen sich einzig um jene Aktivitäten dreht, die das Leiden an der Geschlechtszugehörigkeit mindern. Sie sind häufig vereinnahmt von der Beschäftigung mit ihrem Erscheinungsbild, insbesondere in der frühen Phase des Wechsels zu einem Leben im anderen Geschlecht. Nicht selten kommt es zu Depressionen, Suizidversuchen und zu Missbrauch psychotroper Substanzen.

Die Angaben zur Häufigkeit liegen zwischen 1 : 10.000 - 1 : 30.000 für Mann-zu-Frau-Transsexuelle ( Transfrauen ) und zwischen 1 : 15.000 - 1 : 100.000 für Frau-zu-Mann-Transsexuelle ( Transmänner ).

Es gibt zwei verschiedene Verlaufsformen der Entwicklung einer Geschlechtsidentitätsstörung. Die erste Form betrifft biologische Männer und Frauen. Sie ist die Fortsetzung einer bereits in der Kindheit oder frühen Adoleszenz beginnenden Geschlechtsidentitätsstörung ( "primärer" Transsexualismus ). Diese Betroffenen werden typischer Weise in der späten Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter vorstellig. Die andere Verlaufsform betrifft fast ausnahmslos biologische Männer. Bei dieser zweiten Verlaufsform treten die offeneren Anzeichen eines Zugehörigkeitsgefühls zum anderen Geschlecht später und gradueller auf, zumeist im frühen bis mittleren Erwachsenenalter ( "sekundärer" Transsexualismus ). Auch bei dieser Gruppe besteht meist früh ein Unbehagen mit dem eigenen biologischen Geschlecht, es gelingt den Betroffenen aber zunächst, sich mit ihrem biologischen Geschlecht und der entsprechenden sozialen Rolle mehr oder weniger gut zu arrangieren. Diese Gruppe mit später einsetzender offener Symptomatik ist mit größerer Wahrscheinlichkeit sexuell auf Frauen orientiert, im Ausmaß des Zugehörigkeitsgefühls zum anderen Geschlecht wechselhafter und bezüglich der Geschlechtstransformationsoperation unentschiedener; auch die Wahrscheinlichkeit der Zufriedenheit nach einer sogenannten Geschlechtsumwandlung kann bei ihnen geringer sein.

Ursachen und Verlaufsbedingungen von Geschlechtsidentitätsstörungen sind noch weitgehend ungeklärt und Gegenstand verschiedener theoretischer Ansätze. Bisher konnte weder eine anlagebedingte, noch eine körperliche, noch eine psychische Genese nachgewiesen werden. Ein persistierendes transsexuelles Begehren ist vermutlich das Resultat aufeinander folgender, in verschiedenen Abschnitten der psychosexuellen Entwicklung gelegener, summierend wirksam werdender Einflußfaktoren. Dementsprechend können möglicherweise unterschiedliche Entwicklungswege zur Ausprägung des transsexuellen Erlebens führen.

Grundsätzliche Vorbemerkungen

Transsexualismus ist in aller Regel zunächst eine Selbstdiagnose. Die Heftigkeit des Geschlechtsumwandlungswunsches und die Selbstdiagnose allein können nicht als einzige Indikatoren für das Vorliegen von Transsexualismus gewertet werden. Sowohl die zuverlässige Diagnose wie auch der Wechsel zu einem Leben im anderen Geschlecht - angefangen vom Entschluß zum Umstieg und der Inkenntnissetzung der Bezugspersonen und des sozialen Umfeldes, über die Erprobung der Lebbarkeit der gewünschten Geschlechtsrolle und der Klärung der individuell erforderlichen geschlechtsangleichenden somatischen Behandlungsmaßnahmen, bis hin zu deren Durchführung einschließlich der medizinischen Nachbetreuung - sind nur im Rahmen eines längeren gestuften diagnostisch-therapeutischen Prozesses möglich, bei dem hormonelle und chirurgische Maßnahmen eingebettet sind in eine psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung. Dabei müssen in jeder Phase der Behandlung immer auch die psychosozialen Aspekte mit berücksichtigt werden und es darf nicht auch den Augen verloren werden, dass die Betroffenen ihr Leben neu lernen.

Auf der gesellschaftlichen Ebene gibt es in den letzten Jahrzehnten eine anhaltende Tendenz zu einer Flexibilisierung der früher relativ starren Merkmale der Geschlechtszugehörigkeit. Damit einhergehend ist die gesellschaftliche Toleranz gegenüber uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen größer und die Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit ausschließlich nach körperlichen Merkmalen unüblicher geworden. Zwar bedarf es zur Darstellung der Rolle als Mann oder Frau und zur sozialen Anerkennung in dieser Rolle spezifischer Zeichen, aber diese Männlichkeit und Weiblichkeit signalisierenden Zeichen sind im Alltag und im Erleben von Menschen nicht in der Weise an die Beschaffenheit des Körpers gebunden, wie es die traditionelle, am Körper orientierte Unterscheidung von Frau und Mann glauben macht. Der Zirkelschluß: "Transsexuell ist, wer anhaltend und überzeugend geschlechtsangleichende Operationen anstrebt - bei Vorliegen einer Transsexualität sind geschlechtsangleichende Operationen indiziert" hat in der Vergangenheit immer wieder für Transsexuelle zu einem Zwang geführt, sich weitgehenden operativen Eingriffen zu unterziehen, um als "echte" Transsexuelle zu gelten. Die Reflexion dieser Entwicklung und Problematik hat zu einem Richtungswechsel in der systematischen Beschreibung und der Krankheitslehre geführt. Dabei wurde die Diagnose Transsexualismus von den Indikationskriterien für geschlechtsangleichende Operationen getrennt und damit der Stellenwert geschlechtsangleichender Operationen als einzige "Lösung" bei Transsexualität relativiert. Praktisch bedeutet dies, dass auch aus der weitgehend sicheren Diagnose Transsexualismus nicht ohne weiteres somatische Therapiemaßnahmen sowie deren Umfang und Zeitpunkt abzuleiten sind. Ausschlaggebend für die psychische Stabilisierung von Transsexuellen ist die konstante Erfahrung, in ihrem Wunschgeschlecht angekommen zu sein und in diesem anerkannt zu werden. Wie weit ein Transsexueller in seinem Streben nach Angleichung seines Körpers an das psychisch empfundene Geschlecht geht, hängt also wesentlich auch davon ab, wie weit ihm die soziale Integration und Anerkennung in seinem Identitätsgeschlecht ggf. auch ohne hormonelle oder chirurgische Angleichung gelingt.

Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen

 

Beratung ist keine Therapie ! Beratungsadressen zu Fragen des Coming-Out, Diskriminierungserfahrungen, Abläufe und Verfahren in rechtlicher und medizinischer Hinsicht finden Sie unter https://dgti.org/beratungsstellen

Eine Übersicht der Selbsthilfegruppen finden Sie unter Selbsthilfegruppen  oder beim Regenbogenportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

 

Diagnosekriterien

 

Für die Diagnose "F64.0: Transsexualismus" müssen nach der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision der WHO ( ICD - 10 ) folgende Kriterien erfüllt sein:

der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden;
das Unbehagen oder das Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen biologischen Geschlecht;

der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie möglich anzugleichen ( zur Problematik dieses Kriteriums siehe oben ).

Für die Diagnose " F64.0: Geschlechtsidentitätsstörung bei Jugendlichen und Erwachsenen" müssen nach dem diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen, 4. Auflage der American Psychiatric Association ( DSM IV ) folgende Kriterien erfüllt sein:

ein starkes und andauerndes Zugehörigkeitsgefühl zum anderen Geschlecht,
ein anhaltendes Unbehagen hinsichtlich der biologischen Geschlechtszugehörigkeit bzw. ein Gefühl der Inadäquatheit in der entsprechenden Geschlechtsrolle;
ein klinisch relevanter Leidensdruck oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

Die genannten Kriterien verlangen folgende diagnostische Maßnahmen:

eine Erhebung der biographischen Anamnese mit den Schwerpunkten der Geschlechtsidentitäts- und psychosexuellen Entwicklung sowie der gegenwärtigen Lebenssituation;

eine körperliche Untersuchung mit Erhebung des andrologischen / urologischen bzw. gynäkologischen sowie endokrinologischen Befundes;

eine klinische psychiatrisch-psychologische Diagnostik, da viele Transsexuelle erhebliche vorausgegangene oder gleichzeitig bestehende psychopathologische Auffälligkeiten aufweisen. Oft sind diese psychiatrischen Vor- und Begleiterkrankungen unter dem Blickwinkel der transsexuellen Störung zu relativieren und neu zu bewerten.

Behandlungsleitlinien

 

Behandlungsleitlinien sind

die "Standards of Care for the Health of Transsexual, Transgender, and Gender Nonconforming People" der World Professionals Association for Transgender Health (WPATH), 7. Version von 2012;

die S3 Leitlinie für Erwachsene "Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit: Diagnostik, Beratung, Behandlung" der federführenden Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung 2018 (DGfS).

Die dortigen Empfehlungen und Vorgaben sind in den folgenden Ausführungen zusammengefasst.

 

Psychotherapie

Psychotherapie bzw. psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung hat in Verbindung mit der Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle zentrale Bedeutung in der Behandlung Transsexueller und muss in jedem Fall vor der Einleitung somatischer Therapiemaßnahmen stehen. In der Regel sollte diese Begleitung / Behandlung im Rahmen einer antragspflichtigen ambulanten Psychotherapie erfolgen, im Einzelfall kann dazu aber auch eine mehr oder weniger weitmaschige psychiatrische Begleitung / Behandlung ausreichend sein. Die psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung bzw. die Psychotherapie ist neutral gegenüber dem transsexuellen Wunsch. Sie hat weder das Ziel, dieses Bedürfnis zu forcieren, noch es aufzulösen.

Aufgaben und Ziele der psychiatrisch-psychotherapeutischen Begleitung / Behandlung sind:

begleitend durch eine hinreichend lange Verlaufsbeobachtung die Diagnose zu sichern, einschlägige Differenzialdiagnosen auszuschließen und ggf. psychische Begleiterkrankungen und / oder relevante psychische Probleme zu erkennen;

klärend und beratend zusammen mit der Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle dem Betroffenen dazu verhelfen, die adäquate individuelle Lösung für sein spezifisches Identitätsproblem zu finden und die Möglichkeiten und Grenzen somatischer Behandlung realistisch einzuschätzen ( Psychotherapie im weiteren Sinne );

behandelnd und aufarbeitend im Falle psychischer Begleiterkrankung und / oder relevanter psychischer Probleme ( Psychotherapie im engeren Sinne ).

Sowohl die Psychotherapie im weiteren wie auch im engeren Sinne sollen letztlich eine reife, bewußte, abgewogene und selbstverantwortliche Entscheidung über den Geschlechtsrollentausch sowie über die notwendigen somatischen Behandlungsmaßnahmen ermöglichen.

Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle (sogenannter Alltagstest)

 

Der sogenannte Alltagstest ( engl.: full-time real-life experience ) bezeichnet eine Selbsterfahrung bzw. Selbsterprobung im Identitätsgeschlecht, in der der Betroffene durchgängig in allen sozialen Bezügen in der angestrebten Geschlechtsrolle lebt. Dabei greifen Alltagserprobung und Psychotherapie Hand in Hand:

dem behandelnden Psychiater / Psychotherapeuten obliegt die Dokumentation der Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle;

Psychotherapie im weiteren Sinne bietet Klärung und Beratung bei psychosozialen Problemen;

Psychotherapie im engeren Sinne ist erforderlich im Falle psychiatrischer Begleiterkrankung, relevanter psychischer Probleme und / oder noch bestehender Zweifel bezüglich des Geschlechtsrollentausches.

Die Alltagserprobung soll sozial verträglich angelegt sein und nicht als durchzustehender "Härtetest" verstanden werden. Hilfreich sind ein ärztliches oder psychologisches Attest über Durchführung der Alltagserprobung, ein Ergänzungsausweis und / oder die gerichtliche Vornamensänderung. Unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann die Alltagserprobung in den sozialen Auswirkungen erleichtert werden durch vorgezogene gegengeschlechtliche Hormontherapie, bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen durch vorgezogene Epilationsbehandlung und bei Frau-zu-Mann-Transexuellen durch vorgezogene Brustamputaton. Die Alltagserprobung soll die innere Stimmigkeit des Identitätsgeschlechtes in seiner individuellen Ausgestaltung und die Lebbarkeit der gewünschten Geschlechtsrolle zeigen und zu einem deutlichen Zugewinn an Lebenszufriedenheit führen.

Inhaltliche Voraussetzungen für geschlechtsangleichende somatische Behandlung:

Vor Einleitung somatischer Behandlungsmaßnahmen müssen durch die psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung und durch die Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle folgende inhaltliche Kriterien erreicht sein:

Diagnosesicherung durch ausreichend lange psychiatrisch-psychotherapeutische Verlaufsbeobachtung;

ausreichende psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung psychischer Begleiterkrankungen sowie Aufarbeitung relevanter psychischer Probleme;

innere Stimmigkeit des Identitätsgeschlechtes in seiner individuellen Ausgestaltung und Lebbarkeit der gewünschten Geschlechtsrolle;

realistische Einschätzung der Möglichkeiten, Grenzen und Risiken somatischer Behandlungen.

Faktoren, die nach europäisch-nordamerikanischer Praxis die Indikation geschlechtsverändernder Operationen verzögern oder ausschließen können, sind:

instabile Geschlechtsidentität;
Alkohol- und Drogenabhängigkeit;
Suizidversuche in jüngerer Zeit;
Schizophrenie;
manisch-depressive Krankheit;
organische Hirnerkrankung;
Minderbegabung;
psychosoziale Instabilität;
jünger als 18, 20 oder 21 Jahre;
älter als 50 oder 60 Jahre.
positiver HIV-Status.

Rückumwandlungswünsche sind bei richtiger Indikationsstellung und ausreichender therapeutischer Vor- und Nachsorge sehr selten. Sie kommen insbesondere vor:

wenn die Diagnose nicht einwandfrei zu stellen war;
wenn keine sachgerechte therapeutische Vor- und Nachsorge erfolgte;
bei mangelnder Kooperation in der therapeutischen Vor- und Nachsorge;
wenn keine ausreichend lange Alltagserprobung erfolgte;
bei ungenügender sozialer Unterstützung, vor allem durch die Familie;
bei instabiler Persönlichkeit oder Alkohol- und Drogenabhängigkeit;
bei psychotischer Erkrankung oder schwerer erlebnisreaktiver Störung in der Vorgeschichte;
wenn die postoperative soziale Eingliederung misslingt;
wenn keine zufriedenstellende Partnerschaft erreicht wird;
wenn dauernde Arbeitslosigkeit besteht;
bei ungünstigen körperlichen Konstitutionsmerkmalen.

Gegengeschlechtliche Hormonbehandlung

Voraussetzungen für die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung sind:

hinreichende Erfüllung der oben genannten inhaltlichen Kriterien für geschlechtsangleichende somatische Behandlung;

psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung über ca. 6 - 12 Monate;

Alltagserprobung über ca. 3 - 6 Monate.

Eine gegengeschlechtliche Hormontherapie kann im begründeten Einzelfall auch ohne vorherige Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle indiziert sein, um diese erst zu ermöglichen. Die oben genannten inhaltlichen Voraussetzungen für geschlechtsangleichende somatische Behandlung sollten dann aber bis auf die Alltagserprobung hinreichend gegeben und die psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung mindestens 6 - 12 Monate erfolgt sein.

Die Einleitung der gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung und die Bestimmung der Frequenz der Kontrollen sollen durch einen endokrinologisch erfahrenen Arzt auf psychiatrisch-psychotherapeutischer Indikationsstellungerfolgen. Die Auswirkungen der gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung sind zum Großteil irreversibel. Eine zu früh begonnene Hormonbehandlung erschwert die Diagnostik und bedeutet ggf. eine ungünstige vorzeitige Festlegung. Sie sollte in der Regel nicht vor dem 18. Lebensjahr begonnen werden. Die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung muß lebenslang erfolgen. Ggf. müssen relative Kontraindikationen abgewogen werden. Außerdem muss die dauerhafte somatische und psychische Verträglichkeit der hormonellen Behandlung erprobt werden.

Die gegengeschlechtliche Hormontherapie erfolgt im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit außerhalb der zugelassenen Indikationen der jeweiligen Hormonpräparate. Als "off label"-Verordnung ist sie prinzipiell von der Krankenkasse bewilligungspflichtig, hat dann aber auf Kassenrezept zu erfolgen.

Geschlechtsangleichende Operationen

Voraussetzungen für geschlechtsangleichende Operationen sind:

volle Erfüllung der oben genannten inhaltlichen Voraussetzungen für geschlechtsangleichende somatische Behandlung;

psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung über mindestens 18 - 24 Monate;

erfolgreiche Alltagserprobung über mindestens 12 - 18 Monate;

gegengeschlechtliche Hormonbehandlung über mindestens 6 - 12 Monate.

Die Indikationsstellung zur geschlechtsangleichenden Operation erfordert:

nach den "Standards of Care for Gender Identity Disorders":

für die ( vorgezogene ) Brustamputation einen psychiatrisch-psychotherapeutischen Befund- /Verlaufsbericht;

für die angleichende Genitaloperation zwei psychiatrisch-psychotherapeutische Befund- /Verlaufsberichte (es reicht ein Bericht, wenn von zwei Psychiatern/Psychotherapeuten unterschrieben);

nach den "Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen":

ein ausführliches psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten eines qualifizierten Therapeuten/Gutachters.

Geschlechtsangleichende operative Maßnahmen bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen sind:

Epilation der Barthaare:

Grundsätzlich wird auch die Epilation der Barthaare zu den geschlechtsangleichenden Maßnahmen gezählt wegen der besonderen Exponiertheit des Gesichtes und der Bedeutung für die soziale Akzeptanz. Zu klären sind der richtige Zeitpunkt, der erforderliche Umfang und die Methode der Epilation. Die Epilation kann schon während der Hormonbehandlung begonnen werden. Eine dauerhafte Epilation wird nur durch die zeitaufwendige Nadelelektro-Epilation erreicht, während die Laser-Epilation schnell eine flächige, aber meist nicht dauerhafte Epilation bewirkt.

operative Brustvergrößerung:

In den meisten Fällen führt die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung zu einer ausreichenden Brustentwicklung. Entsprechend ist eine operative Brustvergrößerung nur selten indiziert.

angleichende Genitaloperation Mann-zu-Frau:

Diese besteht in Amputation des Penisschaftes und der Hoden sowie die Bildung von Neovulva, Neoklitoris und Neovagina.

andere operative Eingriffe ( z. B. Kehlkopfplastik, Stimmbandverkürzung):

Diese werden häufig angestrebt, gelten jedoch nicht als Standard. Die Indikation ist im Einzelfall gesondert fachärztlich zu prüfen.

Geschlechtsangleichende operative Maßnahmen bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen sind:

Brustamputation ( Mastektomie):

Die Brustamputation unter Erhaltung der Brustwarzen kann im begründeten Einzelfall vorgezogen werden, wenn die Brust aufgrund ihrer Größe nicht durch die Kleidung kaschiert werden kann und eine sozial verträgliche Alltagserprobung in der Rolle als Mann nicht zuläßt. Die oben genannten inhaltlichen Voraussetzungen für geschlechtsangleichende somatische Behandlung sollten dann aber bis auf die Erprobung der Lebbarkeit der neuen Geschlechtsrolle hinreichend gegeben und die psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung mindestens 6 - 12 Monate erfolgt sein.

angleichende Genitaloperation Frau-zu-Mann:

Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke ( Hysteroadnexektomie): Von vaginal kann dabei auch die Scheide mit entfernt werden.

operativer Penoidaufbau und Implantation von Surrogathoden: Operationen am äußeren Genitale haben noch nicht zu einem Standardkonzept geführt. Die alternativen  Techniken der Penoidaufbauplastik sind trotz operationstechnischer Fortschritte weiterhin mit einer hohen Komplikationsrate und mit entsprechend häufig erforderlichen Korrekturoperationen behaftet. Die Ergebnisse sind weiterhin funktionell oft unbefriedigend. Deshalb sind individuelle Lösungen angezeigt.

Transsexuellengesetz

Das aus 1980 stammende Transsexuellengesetz ( TSG ) ist als ergänzendes Gesetz zum Personenstandsgesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Es hat keinerlei direkten Bezug zur psychischen und somatischen Behandlung Transsexueller.

Das TSG unterscheidet die Vornamensänderung ( "kleine Lösung" ) von der Feststellung der neuen Geschlechtszugehörigkeit bzw. der Personenstandsänderung ( "große Lösung" ). Durch Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes vom 16.03.82 ( 1 BvR 938/81; NJW 1982: 2061 ) und vom 26.01.93 ( 1 BvR 38, 40, 43/92; NJW 1993: 1517 ) ist die vom Gesetz vorgesehene Altersgrenze von 25 Jahren sowohl für die Vornamens- wie auch für die Personenstandsänderung aufgehoben worden. Das TSG findet nur auf deutsche Staatsbürger Anwendung; ausländische Mitbürger unterliegen den jeweiligen rechtlichen Bestimmungen des Heimatlandes.

Für die Vornamensänderung müssen zwei Gutachter feststellen, daß der Betroffene transsexuell ist, seit mindestens 3 Jahren unter dem Zwang steht, den transsexuellen Vorstellungen entsprechend zu leben, und daß sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird. Hervorzuheben ist, dass das TSG dafür nicht verlangt, daß eine ärztliche bzw. psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung erfolgte. Auch wird vom Gesetz nicht verlangt, daß der Betroffene bereits seit 3 Jahren in der neuen Geschlechtsrolle gelebt hat. Dennoch werden die Vornamensänderungsgutachten in einem sehr hohen Prozentsatz missbräuchlich zur Erlangung der Kostenzusage für die geschlechtsangleichende Operation und als Operationsgutachten verwendet!

Zur Feststellung der neuen Geschlechtszugehörigkeit bzw. für die Personenstandsänderung müssen dieselben Voraussetzungen erfüllt sein wie für die Vornamensänderung. Darüber hinaus muß sich der Betroffene einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen haben und dauernd fortpflanzungsunfähig sein. Für Frau-zu-Mann-Transsexuelle bedeutet dies die operative Brustverkleinerung und die Entfernung der inneren Geschlechtsorgane; weitere Eingriffe ( Scheidenverschluß, Phallo- und Hodenplastik ) sind derzeit nicht erforderlich ( OLG Zweibrücken, Urteil vom 07.05.93, Az. 3 W 5/93 ).

In der Praxis wird von den Betroffenen zumeist zweischrittig vor der geschlechtsangleichenden Operation die Vornamensänderung und nach der Operation die Personenstandsänderung beantragt. Das TSG sieht aber ausdrücklich auch die Möglichkeit vor, Vornamens- und Personenstandsänderung gemeinsam erst nach der geschlechtsangleichenden Operation zu beantragen. Die Kosten für die Gerichtsgutachten sind von den Betroffenen selbst zu tragen, ggf. besteht die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe.

Möglicherweise steht eine umfassende Revision des TSG an.

Leistungspflicht der GKV

Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ( GKV ) richtet sich nach dem Sozialgesetzbuch V ( SGB V ) und seiner Ausgestaltung durch Ausführungsrichtlinien und Sozialrechtsprechung. Im Speziellen ergeben sich die Leistungspflicht für Behandlungsmaßnahmen bei Transsexualismus und die entsprechenden sozialmedizinischen Beurteilungskriterien aus der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere aus den Urteilen LSG München vom 09.07.86 ( L 4 Kr 118/84 ), BSG vom 06.08.87 ( 3 RK 15/86 ) und BSG vom 10.02.93 ( 1 RK 14/92 ).Leistungspflicht und sozialmedizinische Kriterien sind völlig unabhängig von den Regelungen des TSG, insbesondere ist die Leistungspflicht nicht an eine vorherige Vornamensänderung gebunden.

Transsexualität ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- bzw. Geisteszustand, bei dem eine innere Spannung besteht zwischen dem körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit dem anderen Geschlecht. Diese Spannung kann zu einem schweren Leidensdruck führen. Erst durch diesen Leidensdruck wird Transsexualität im Einzelfall zu einer krankheitswertigen Störung bzw. zu einer behandlungsbedürftigen Erkrankung im Sinne des Krankenversicherungsrechtes. Nur wenn psychiatrisch-psychotherapeutische Mittel das Spannungsverhältnis nicht zu lindern oder zu beseitigen vermögen, gehört es nach der Sozialrechtsprechung zu den Aufgaben der GKV, zur Linderung des krankhaften Leidensdruckes die Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation zu tragen.

Sozialmedizinische Begutachtung

Die Begutachtung von Leistungsanträgen bei Transsexualismus erfolgt beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein ( MDK ) zentralisiert und federführend psychiatrisch-psychotherapeutisch durch den Verfasser. In der Regel erfolgt die Begutachtung nach Aktenlage. Persönliche Beratungen und Untersuchungen sind möglich und erfolgen nach Notwendigkeit.

Formale Voraussetzungen sind zunächst der jeweilige Leistungsantrag des Betroffenen bei seiner Krankenkasse und deren Gutachtenauftrag an den MDK. Die Indikation für die jeweilige Maßnahme stellt der behandelnde Arzt. Die sozialmedizinische Begutachtung dient der Frage, ob bei der beantragten Leistung die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der GKV vorliegen. Dies ist der Fall, wenn eine krankheitswertige Störung besteht, die einer medizinischen Behandlung im Sinne von Heilung oder Linderung zugänglich ist und wenn die beantragte Maßnahme eine adäquate medizinische Behandlung darstellt. Grundlage der sozialmedizinischen Beurteilung sind zunächst die Antragsunterlagen. Diese sollen für die jeweils beantragte Maßnahme in angemessener Ausführlichkeit die transsexuelle Entwicklung, die diagnostische Sicherung und Verlaufsbeobachtung, die Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle, die psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung und die Auswirkungen der gegengeschlechtlichen Hormontherapie nachvollziehbar sowie die aktuelle psychische und psychosoziale Situation deutlich machen. Das gilt in ganz besonderer Weise für Anträge auf angleichende Genitaloperation, für die ein ausführlicher psychiatrisch-psychotherapeutischer Befund- und Verlaufsbericht unverzichtbar ist. Der begutachtende Psychiater prüft die ihm vorgelegten Unterlagen unter Anwendung der sozialrechtlichen Kriterien und der Behandlungsleitlinien.

Ist die Diagnose nicht gesichert, steht eine vorrangig zu behandelnde Begleiterkrankung im Vordergrund oder ist die psychotherapeutische Begleitung nicht im notwendigen Umfang dokumentiert, wird der begutachtende Psychiater auf den weiteren Abklärungs- und / oder psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsbedarf verweisen. Bei besonderen, die psychiatrische Fachkompetenz übersteigenden Fragestellungen werden andrologische / urologische, gynäkologische, dermatologische, HNO-ärztliche und ggf. auch andere interne fachärztliche Konsiliargutachten eingeholt.

Bei Anträgen auf angleichende Genitaloperation, die die formalen Voraussetzungen erfüllen, wird regelmäßig ein externes psychiatrisch-psychotherapeutisches Konsiliargutachten eingeholt. Auf diese Weise wird die vom behandelnden Psychiater, ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten nachvollziehbar gemachte Indikationsstellung durch eine psychiatrisch-psychotherapeutische Zweitbeurteilung gesichert. Nach Möglichkeit wird damit einer der beiden vom Gericht im Vornamensänderungsverfahren hinzugezogenen Gutachter vom MDK beauftragt, soweit die Gerichtsbegutachtungen bereits erfolgt sind oder zumindest die Gutachter vom Gericht benannt wurden. Die abschließende sozialmedizinische Stellungnahme erfolgt in kritischer Würdigung des psychiatrisch-psychotherapeutischen Befund- / Verlaufsberichtes, des psychiatrisch-psychotherapeutischen Konsiliargutachtens und der übrigen Antragsunterlagen.

Antragsunterlagen

Zur sozialmedizinischen Beurteilung der Indikation einer angleichenden Genitaloperation werden in der Regel die folgenden medizinischen Unterlagen benötigt:

möglichst konkreter Leistungsantrag des Betroffenen;

Gutachtenauftrag der Krankenkasse;

andrologischer/urologischer bzw. gynäkologischer Befundbericht über den Genitalstatus einschließlich hormoneller und genetischer Ausschlußdiagnostik;

endokrinologischer Befund- / Verlaufsbericht über die gegengeschlechtliche Hormontherapie, deren Dauer, Auswirkungen und Verträglichkeit;

psychiatrisch-psychotherapeutischer Befund- / Verlaufsbericht mit Eckdaten zu folgenden Aspekten:

- Dauer und Umfang der psychiatrisch-psychotherapeutischen Begleitung / Behandlung;

- biographische Anamnese und Verlauf der transsexuellen Entwicklung;

- Diagnose und deren Absicherung im Behandlungsverlauf;

- ggf. psychiatrische Vor- und Begleiterkrankungen und deren Behandlungsstand;

- Erscheinungsbild, Verhalten, Erleben und Persönlichkeit;

- körperliche Gegebenheiten für das Leben in der neuen Geschlechtsrolle;

- Behandlungsverlauf und Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle;

- innere Stimmigkeit des Identiätsgeschlechtes und Stabilität des Identitätsgefühls in der neuen Geschlechtsrolle;

- psychisches Befinden und Gleichgewicht, Sicherheit der Geschlechtsrolle, Sexualität, Beziehungen zu Partnern, Familie und Freunden, Arbeitsfähigkeit und soziale Akzeptanz;

- realistische Einschätzung der Möglichkeiten, Grenzen und Risiken der hormonellen/operativen Behandlung.

Zur sozialmedizinischen Beurteilung der Indikation gegengeschlechtlicher Hormontherapie, vorgezogener Epilation und vorgezogener Brustamputation werden im wesentliche die gleichen oben bezeichneten Antragsunterlagen benötigt, wobei aber Zwischenberichte ausreichen und für die gegengeschlechtliche Hormontherapie der endokrinologische Befund- / Verlaufsbericht entfällt.

Häufig ist es schwierig, genügend ausführliche Befund- / Verlaufsberichte zu erhalten. Soweit die Gerichtsgutachten zur Vornamensänderung vorliegen, ist es sehr hilfreich, diese ergänzend vorzulegen. In aller Regel geben diese Gerichtsgutachten sehr ausführliche Hintergrundinformationen zur Biographie, zur transsexuellen Entwicklung, zur Diagnose und Differenzialdiagnose sowie zu ggf. bestehenden körperlichen und psychiatrischen Vor- und Begleiterkrankungen; häufig sind bereits - auch wenn für eine Vornamensänderung nach TSG nicht gefordert - bis zu diesen Gerichtsbegutachtungen schon wesentliche Behandlungsschritte und auch schon eine Alltagserprobung in der neuen Geschlechtsrolle erfolgt und beschrieben. Entsprechend kann dann der psychiatrisch-psychotherapeutische Therapiebericht kürzer ausfallen, bleibt aber bei Anträgen auf geschlechtsangleichende operative Maßnahmen unverzichtbar.

Literatur

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