IS - Begriffe / Syndrome
Die folgende Übersicht soll einen ersten Einblick in die Methodik geben, die dazu führte, dass es Intersexualität scheinbar gar nicht gibt. Es wurden die verschiedensten Krankheitsbegriffe und Syndrome beschrieben, die den Zusammenhang zu IS, zwar nicht böswillig, jedoch sehr wirkungsvoll verschleierten. Dieser Methode, die eine scheinbare Heilbarkeit suggeriert, erliegen leider auch viele Eltern. Dadurch werden Menschen, die nicht einer "natürlichen Norm" entsprechen (wobei dieser Begriff in sich selbst bereits als sehr fragwürdig gesehen werden muss) in den meisten Fällen an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit gehindert, oft in ein Leben von Leid und Zwang getrieben.
Auch die Menschen, die eigentlich das Beste für ihr Kind wollen, die Eltern, werden in eine Situation gebracht, die eine gesunde und natürliche Haltung zu ihrem Kind verhindern oder zumindest verhindern, dass sie sich natürlich entwickelt. Die Eltern und der betroffene Mensch werden der kulturell und gesetzlich vorgegebenen Erwartungshaltung der Gesellschaft geopfert. Die folgende Tabelle soll einen ersten Beitrag dazu leisten, dass Menschen bereit sind die Lage anderer Menschen differenzierter und vorbehaltloser zu sehen. Sie bietet hoffentlich auch eine Möglichkeit, dass Eltern und andere Verantwortliche lernen und bereit sind umzudenken, im Sinne einer größeren Menschlichkeit, auch für Intersexuelle.
Die folgende Tabelle enthält ausschließlich allgemein zugängliche Informationen in gesammelter Form. Die Zahlenangaben wurden den Veröffentlichungen der "Experten" entnommen. Die Tabelle enthält keinerlei Wertung der dgti (diese werden an anderer Stelle erfolgen).
Die folgende Tabelle erhebt weder den Anspruch auf Vollständigkeit, was die Inhalte oder Syndrombezeichnungen angeht, noch kann sie alle Angaben so differenziert und eindeutig darstellen, dass man nicht über den einen oder anderen Punkt noch diskutieren könnte, oder die Reihenfolge, in der die Syndrome dargestellt werden.
IS-Begriffe/Syndrome
Erklärung:M = männlichW = weiblichIS = Intersexuell( ) = wird wahrgenommen als
Fachbegriff |
Geschl.
|
Erklärung | Wirkung |
"Normalität" verus
|
W
M
IS
|
Abweichung von normierten Geschlechtsmerkmalen und/oder Geschlechtseigenschaften und dem typischen Körperbau | Weiblich: Genotyp 46,XX; Brustwachstum; äußere Genitalien, Eierstöcke, Eileiter, Gebärmutter, Menstruation und gebärfähig; Fettverteilung, Hauteigenschaften, Behaarung weich und gering am Körper, typisches Kopfhaar, typische Schambehaarung, Männlich: Genotyp 46,XY; Bartwachstum, Stimmbruch; Penis, Hoden, Prostata, Samenleiter, Samenblase, Ejakulation und zeugungsfähig; typische Körperbehaarung, Glatzenbildung und Geheimratsecken, jede Abweichung im Phänotyp (Erscheinungsbild) oder Genotyp kann im weitesten Sinn der Intersexualität zugerechnet werden |
Olfaktogenitales Syndrom, auch Kallmann-Syndrom genannt Häufigkeit keine Angaben, da selten erkannt |
M/W
M
|
Frühzeitige Degeneration der GnRH- (Gonadotropin-Releasinghormon) produzierenden Zellen im Hypotahlamus |
Führt ohne medizinische Behandlung zu Unfruchtbarkeit, es fehlt die Stimulation der Keimdrüsen durch LH (Luteinusierungshormon) und FSH (Follitropin = Folikel stimulierendes Hormon) gestörte Geruchswahrnehmung (bei W seltener als bei M) |
Hydrozephalus internus Häufigkeit keine Angaben, da selten erkannt |
W
|
Angeborene oder erworbene Erweiterung des Hirnkammersystems mit Flüssigkeitsansammlung | Häufig weitgehendes Ausbleiben oder Hemmung / Verminderung der Sexualentwicklung während der Pubertät |
Adrenogenitales SyndromAGS Häufigkeit ca. 1 : 3 500 |
IS
W |
Vermehrte Bildung von männlichen Sexualhormonen in der Nebennierenrinde durch Enzymmangel des 21-Hydroxylase, der Genotyp ist weiblich 46,XX |
Tritt der Enzymmangel bereits vor der 10. Schwangerschaftswoche auf, kommt es auch zur Vermännlichung der äußeren Genitalen; weiblicher Scheinzwitter tritt die Vermännlichung erst in oder nach der Pubertät auf, so spricht man von late-onset AGS, |
MKR-Syndrom Häufigkeit ca. 1 : 4 000 |
IS
W |
Fehlanlage der Scheide, fehlend oder zu kurz, bei oft funktionsfähigen inneren Geschlechtsorganen (vollständig fehlend = Vaginalaplasie) |
Ausbleiben der Menstruation nach der Pubertät, Ovarialfunktionen meist nicht gestört, (nach chirurgischer Korrektur, Anlegung einer künstlichen Scheide ist natürliche Empfängnis meist möglich) Zuordnung bei Geburt häufig zunächst männlich |
Turner Syndrom Häufigkeit ca. 1 : 12 500 |
IS
W |
Das Geschlechtschromosomenpaar enthält nur ein X, also 45,X0 oder als Mosaik 45,X0 46,XX | Die äußeren und inneren Geschlechtsorgane werden weiblich ausgebildet, die Geschlechtsreife tritt jedoch nicht ein; überwiegend Kleinwuchs und die Gefahr weiterer körperlicher Entwicklungsstörungen ohne med. Behandlung |
Swyer Syndrom =XY-Gonadendysgenesie Häufigkeit ca. 1 : 30 000 |
IS
W (M) |
Der Chromosomensatz ist 46,XY, also männlich, es fehlt jedoch der Testes determinierende Faktor (TDF) zur Entwicklung der Hoden beim Fetus | Das Erscheinungsbild ist bei der Geburt männlich, entwickelt sich jedoch weiblich, die inneren Geschlechtsorgane sind vorhanden, die Eierstöcke jedoch zu sogenannten Keimleisten verkümmert, es kommt zu keiner Menstruation |
Testikuläre Feminisierung =Androgen Insuffizienz Syndrom AIS (auch "hairless woman") Häufigkeit ca. 1 : 15 000 |
IS
M (W) |
Der Chromosomensatz ist 46,XY und das TDF-Gen vorhanden, es fehlen jedoch die Rezeptoren für die männlichen Sexualhormone oder sie können nicht oder nur eingeschränkt wirken | Es bilden sich Hoden, die den Leistenkanal aber nicht verlassen, die äußeren Genitalen erscheinen jedoch weiblich, der leere Hodensack täuscht Schamlippen vor, der nicht voll entwickelte Penis wird für eine Klitoris gehalten Zuordnung bei Geburt meist weiblich fehlende weibliche Sexualhormone führen aber in der Pubertät nicht zur typischen weiblichen Ausprägung |
Complete Androgen Insensitivity Syndrom CAIS (Häufigkeit in AIS enthalten) |
IS
M (W) |
Genotyp 46,XY, männliche Sexualhormone werden jedoch schon vor der 10. Schwangerschaftswoche nicht erkannt |
Die äußeren Genitalen entwickeln sich vollständig weiblich, die Gonaden bleiben im Bauchraum und werden nicht erkannt auch nach der Pubertät bleibt ein kindliches Erscheinungsbild |
Partial Androgen Insensitivity Syndrom PAIS (Häufigkeit in AIS enthalten) |
IS
M (W) |
Genotyp 46,XY, das Gewebe ist teilweise gegenüber Androgenen sensibel und der Defekt wirkt sich erst nach der 10. Schwangerschaftswoche aus |
Die Ausprägung der Genitalen kann von weiblichem Erscheinungsbild über gemischt weiblich/männlich bis zu vollständig männlich liegen; entsprechend kommt es zu unterschiedlichen Zuordnungen die Entwicklung der inneren männlichen Geschlechtsorgane bleibt unvollständig |
Androgenresistenz-Syndrom | ein anderer Name für AIS | ||
Männlicher Pseudohermaphroditismus | ein anderer Name für AIS | ||
Goldberg-Maxwell-Syndrom | ein anderer Name für CAIS | ||
Morris-Syndrom | ein anderer Name für CAIS | ||
Lub-Syndrom | ein anderer Name für CAIS | ||
Reifenstein-Syndrom | ein anderer Name für CAIS | ||
Gilbert-Dreyfus-Syndrom | ein anderer Name für CAIS | ||
Klinefelter-Syndrom Häufigkeit ca. 1 : 8 000 |
IS
M (W) |
Beim Trennungsvorgang der Chromosomen während der Teilungsphase entsteht ein dreifach gepaartes Geschlechtschromosom vom Typ 47,XXY | Das äußere und innere Erscheinungsbild ist überwiegend männlich, durch verringerte Testosteronproduktion kommt es aber in der Pubertät nicht zu den typisch männlichen Ausprägungen, die Spermienproduktion ist meist erheblich vermindert |
Pseudohermaphroditismus =Scheinzwitter |
IS
M/W |
Ein Sammelname für viele der bisher aufgeführten Syndrome |
|
Hermaphroditismus verus =echte Zwitter |
IS
|
Gleichzeitige Entwicklung der inneren und äußeren weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmale | Gebärfähigkeit kann erreicht werden, die Spermienproduktion ist jedoch für eine Eigenbesamung nicht ausreichend (Hoden produzieren zwar ausreichend Hormone aber keine leistungsfähigen Spermien) Es sit aber auch bekannt, dass männlich lebende Hermaphroditen Kinder gezeugt haben |
Die folgenden Begriffe sind nur im erweiterten Sinne IS zuzuordnen, was auch aus der Geschlechtsangabe ersichtlich ist. | |||
Weibliche Scheinzwitter |
W
|
Verschiedene angeborene Mangelerscheinungen oder Gen-Defekte führen zur Verhinderung der Sexualentwicklung oder Vermännlichung; z.B. Aromatasemangel 3 ß HSD |
ein Enzym, das die Bildung von Estrogenen fördert; es kommt zu Mangel an Etrogenen und erhöhter Testosteronproduktion das Enzym fördert die Bildung von Sexualhormonen, bei Mangel kommt es zu einer leichten Vermännlichung |
Männliche Scheinzwitter |
M
|
Verschiedene angeborene Mangelerscheinungen oder Gen-Defekte führen zur Verhinderung der Sexualentwicklung oder Verweiblichung; z.B. 17 ß HSD Mangel 5 a -Reduktase Mangel |
Androstendion kann nicht in Testosteron umgewandelt werden und es fehlt bei der Entwicklung in der Schwangerschaft der androgene Einfluss, es kommt zur Zuordnung weiblich trotz 46,XY und Hoden, in der Pubertät jedoch leichte Vermännlichung Das im Hoden neben Testosteron gebildete Estradiol führt in der Pubertät zu einem weiblichen Brustwachstum, wenn das Enzym nicht ausreichend vorhanden ist |
Sexualhormone produzierende Tumore bei männlichen und weiblichen Scheinzwittern |
M/W
|
Diese Tumore sind meist gutartig und können schon vor der Pubertät entstehen, ohne dass sie erkannt werden oder selbst Beschwerden hervorrufen | Je nach Art der Hormonausschüttung, dem Zeitpunkt und der Menge und dem "Wirt" kommt es zu geschlechtsuntypischen Entwicklungen oder zu Beschleunigung/Hemmung von geschlechtstypischen Entwicklungen Die Tumore treten in der Nebennierenrinde auf, in den Eierstöcken oder Hoden, selten im Bereich der Hypophyse |
Hirnorganische Intersexualität = "Transsexualität" oder "Transgender", Siehe Anmerkung |
W
M |
Die Geschlechtsprägung im Gehirn ist bipolar. Es ist zu vermuten, dass die Geschlechtskodierung im Gehirn von der Geschlechtszuweisung abweicht. Es entstehen psychosomatische Störungen (sekundär) derGeschlechtsidentität bei eindeutigem Phänotyp und Genotyp Verhältnis m/w ca. 1 : 1 |
Die psychisch/seelische Entwicklung und das natürliche Rollenverhalten des heranwachsenden Kindes steht im Widerspruch zu den biologischen Vorgaben und den Erwartungen des Umfeldes. Die Identifikation mit dem bei der Geburt zugewiesene Geschlecht, auf Grund der biologischen Vorgaben, gelingt nicht. |
Transvestismus (obwohl völlig unerforscht halten sich in der Literatur Thesen aus dem frühen 20. Jahrhundert - die hier nicht wiedergeben werden) |
W
M |
Annahme des typischenGeschlechtsrollenverhaltensdes Gegengeschlechtes (aus individuell verschiedensten Gründen) | Weiblicher Transvestismus bleibt meist unbehelligt, von Ausnahmen bei restriktiver Erziehung abgesehen Männlicher Transvestismus wird als pervers oder sexuelle Entgleisung betrachtet oder in Form von Travestie, auf der Bühne oder in der Öffentlichkeit akzeptiert, nicht jedoch im Alltag |
Psychoneurologische Intersexualität |
M/W
|
Annahme des Sexualverhaltens des Gegengeschlechtes (weitgehend unerforscht) es handelt sich um dieGeschlechtsorientierung |
Wenn Phänotyp und Genotyp eindeutig und erkennbar sind sprechen wir von Homosexualität, lesbisch oder schwul bei einer gleichzeitig vorliegenden (biologischen) Intersexualität kann der Eindruck von Heterosexualität entstehen. Dieser Eindruck entsteht auch bei gleichzeitig vorliegender "Transsexualität", wenn im zugewiesenen Geschlecht gelebt wird |
Quellen:
Großer Brockhaus
Tuirner Syndrom e.V., Nümbrecht
AIS SHG Bremen/Hamburg
Onans Kinder, Abadi Verlag 2000
AGGPG Bremen
dgti e.V., Köln - Trier
Anmerkung zum Begriff "hirnorganische Intersexualität"
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Tabelle, die von etwa 2000/2001 ist, war dieser Begriff noch kaum gebräuchlich, wenn er nicht sogar hier eingeführt wurde. Seitdem hat er jedoch einen gewisse Verbreitung gefunden, leider in einem sehr problematischen Zusammenhang.
Er entstand noch unter dem Eindruck der niederländischen Studie, welche in den Hirnen von einigen untersuchten Transfrauen Strukturen fand, welche eindeutig dem weiblichen Spektrum zuzuordnen waren*. Diese löste bis heute anhaltende Spekulationen darüber aus, ob diese Strukturen eventuell die Ursache für die Transsexualität dieser Transfrauen gewesen sein könnten. Dies ist, nach allem was wir wissen, möglich. Es ist aber bis heute keineswegs sicher, daß dies so ist. Die "hirnorganische Intersexualität" ist damit wissenschaftlich betrachtet eine Hypothese, und keinesfalls eine Theorie.
Einigen Transmenschen gefiel diese Hypothese aber so gut, daß sie sie zunächst zur "wissenschaftlichen Theorie" erhoben, und sie mittlerweile meist als "wissenschaftliche Tatsache" bezeichnen. (Was einen eklatanten Mangel an Wissen darüber zeigt, was "Hypothese", "Theorie" und "Tatsache" in der Wissenschaft überhaupt bedeuten.) Diese Leute finden, daß damit hinreichen bewiesen ist, daß zumindest sie selber keineswegs "verrückt" oder gar "pervers" sind, sondern daß sie anständig körperlich krank sind. Was ja ihr Privatvergnügen wäre, würden sie nicht a) anderen Transmenschen unterstellen, daß diese aber diese kostbaren Hinrstrukturen aus irgendwelchen Gründen (etwa der "falschen" sexuellen Orientierung) gar nicht haben können, und damit im Gegensatz zu den anständigen hirnorganisch Intersexuellen sehr wohl krank und/oder pervers wären. Und b) verlangen sie, teilweise recht vehement, daß intersexuelle Menschen sie gefälligst auch als intersexuell anerkennen sollen. Was diese meist ablehnen, sowohl des hypothetischen Inhalts als auch des häufig doch nicht grade konzilianten Stils der Forderung wegen. Zumal jemand, der vielleicht als Kind zurechtgeschnitten und -geprügelt wurde, um in ein vorgeschriebenes Geschlecht zu passen, und bis heute mit den gesundheitlichen und psychischen Folgen dieser Zuweisung kämpft, auch meist nicht ganz einsieht, warum sein Leiden als Alibi für Leute herhalten soll, die, so oft der Eindruck auf dieser Seite, schlicht zu feige sind, zu sich selbst zu stehen.
* A Sex Difference in the Human Brain and its Relation to Transsexuality
By J.-N. Zhou, M.A. Hofman, L.J. Gooren and D.F. Swaab
Citation: Zhou J.-N, Hofman M.A, Gooren L.J, Swaab D.F (1997) A Sex Difference in the Human Brain and its Relation to Transsexuality. IJT 1,1