13 | 10 | 2024

Identitätsdebatte

im Rahmen der "Stadt der 1000 Fragen"
vom 18. - 24. September 2003 in Berlin

(nähere Informationen unter www.1000fragen.de)

Am 20. September 2003 fand die Diskussion über "Identität: Sind wir das Ergebnis kultureller Prägung oder Produkt unserer Gene" statt. Unter der Moderation von Volker Panzer, ZDF--Nachtstudio diskutierten Prof. Dr. Dietmar Mieth, katholischer Moraltheologe an der Uni Tübingen, Bill Cordray, Architekt und Gründer des internationalen Clubs der Vaterlosen aus Salt Lake City/USA, Prof. Dr. Detlev Linke, Hirnforscher an der Uni Bonn, Helma Katrin Alter, Geschäftsführerin der dgti in Köln und Martin Marquard, Berliner Landesbeauftragter für Behinderte.

In über 90 Minuten wurden viele Aspekte von Identität und Identitätsstörung/Identitätsentwicklung angesprochen. Für unsere Arbeit besonders wichtig war die Antwort von Prof. Mieth, dem katholischen Moraltheologen, auf die Frage: "Gibt es mehr Geschlechter als männlich und weiblich?" Unumwunden sagte er: "Die Antwort ist eindeutig JA:" Der vollständige Diskussionsausschnitt ist hier nachzulesen. Dieser Teil wurde u.a. auch in der gesendeten Zusammenfassung des ZDF ausgestrahlt.

Katrin Alter sprach gerade über die Fremdzuweisung bei der Geburt und das sich daraus ergebende Störungspotential bei dem Erkennen der eigenen Identität und den Möglichkeiten sie auch für sich und die anderen erkennbar zu leben. Volker Panzer unterbrach sie.

Volker Panzer: Aber Sie haben ja Kinder gezeugt.

Katrin Alter: Wo steht denn, dass es keine zeugungsfähigen Frauen geben darf und gebärfähige Männer? Ich kenne sehr viele zeugungsfähige Frauen und gebärfähige Männer.

Volker Panzer: Da würde ich gerne den Moraltheologen fragen. Gibt es mehr Geschlechter als männlich und weiblich? (Erwartungsvolles Raunen und Lachen im Publikum)

Prof. Mieth: Die Antwort ist eindeutig JA. Ich denke wir haben ähnliche Probleme ja auch mit der Festlegung von Heterosexualität und Homosexualität.

Die Schöpfung ist außerordentlich variabel und es ist in der Tat eine Fremdbestimmung, wenn man bei der Geburt sagt, weil wir zuweisen müssen, deswegen weisen wir entweder nach „a“ oder „b“ zu und es gibt eben doch Variablen, die dadurch nicht erfasst werden können.

Ich finde menschenrechtlich gesehen wäre es notwendig diese Variablen gelten zu lassen. Es ist ja klar, dass gläubige Menschen der Meinung sind, dass sie von Gott gewollt sind und dass es offen gelassen ist, wie sie zu sein haben, also die Menschen es auch offen lassen sollen, weil eben diese Varianten alle in ihrer Individualität von einem Schöpfer gewollt sind.

Schlussbemerkung (nach der Veranstaltung): Diese Aussage eines namhaften katholischen Moraltheologen ist ein eindeutiger Auftrag

· an die Politik die Rahmenbedingungen zu ändern
· an die Ärzteschaft nicht als krank zu erklären was nicht der „Norm“ entspricht, da es Teil der Schöpfung oder eben auch der natürlichen Vielfalt ist,
· an die Wissenschaft und die Kirchen aufzuklären und nicht an dogmatischen, nicht begründbaren Aussagen festzuhalten.

Die dgti schließt sich den Aussagen von Prof. Mieth voll an. Es darf nicht länger sein, dass gegen Menschenrecht und im christlichen Sinne gegen die Schöpfung verstoßen wird, nur weil man glaubt, dass die Wahrheit über schöpferische oder natürliche Vielfalt der Gesellschaft nicht zuzumuten sei.

Jeder Mensch hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, auch Transgender, Menschen, die eben nicht in ein Geschlechterklischee passen, sondern Teil der geschlechtlichen Vielfalt sind. Transgender beschneiden nicht die Rechte anderer Menschen, was alleine rechtfertigen würde ihre Rechte einzuschränken. Der Grundsatz: „Das Recht des Einzelnen kann dann beschnitten werden, wenn es die Rechte Anderer Verletzt“ kann für Transgender - Transfrauen, Transmänner und Intersexuelle - nicht zur Anwendung kommen. Transgender decken kulturelle Voreingenommenheit auf, die dazu führt, dass ihre Menschenrechte durch die Gesellschaft, vom Gesetzgeber scheinbar legitimiert, eingeschränkt werden. Der Zwang der Gesellschaft den Betroffenen gegenüber anders zu sein als sie sind und sich fühlen, ist vergleichbar mit kultureller und religiöser Verfolgung und Folter, die in Deutschland ja ausdrücklich verboten sind und nicht angewendet werden dürfen.

v.i.S.d.P. Helma Katrin Alter (2003)

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