04 | 05 | 2024

Probleme der sozialen Integration

oder Verhinderung sozialer Instabilität von Transgendern Transmännern, Transfrauen und Intersexuellen

Wichtige Information für:

Krankenkasse
Arbeitsamt
Sozialamt
Gesundheitsamt
sonstige Träger sozialer Maßnahmen
und Aufsichtsbehörden (im Gesundheits- und Sozialwesen)

Transgender - medizinisch und juristisch wurde bisher der Begriff „Transsexuelle“ verwendet und Intersexuelle kam als „Sammelbegriff“ nicht vor, sondern wurde mit den verschiedenen Syndromen, wie AIS, AGS, Pseudohermaphroditen, usw. bezeichnet - haben alle ein Problem gemeinsam:

Sie wurden bei der Geburt einem Geschlecht zugeordnet und erkennen im Laufe ihrer Entwicklung, früher oder später, dass irgend etwas nicht in Ordnung ist. In den seltensten Fällen wird dem Betroffenen sofort klar, und dann auch von der Umwelt akzeptiert, dass die Spannungen, Abweichungen oder Probleme mit der Zuweisung des Geschlechtes und einem davon abweichenden persönlichen Empfinden in direktem Zusammenhang stehen. Zumindest bei geschlechtszugewiesenen Intersexuellen müsste es den Ärzten klar sein, wird aber wegen der „Richtigkeit“ der Zuweisungsmaßnahmen ignoriert und auf Erziehung und Verhaltensentwicklung geschoben.

Kinder die entgegen der Zuordnung sagen sie seien ein Junge oder ein Mädchen, erfahren sehr schnell, dass sie scheinbar niemand versteht. Vereinfacht gesagt führt dies zu sehr unterschiedlichen Entwicklungswegen:

  1. Das Kind lernt sehr schnell das erwartete Verhalten nach außen zu zeigen, bis hin zum völligen Überziehen der zugewiesenen Geschlechtsrolle. Die inneren Spannungen und Probleme, für die das Kind auf diesem Weg jedoch keinerlei Erklärung bekommt, können nicht ständig unterdrückt werden und es kommt immer wieder zu scheinbar unlogischem Verhalten.
  2. Das Kind versucht durch immer stärker ausgeprägte Auffälligkeit auf sich und seine Probleme aufmerksam zu machen. Es kommt zu Verhaltensauffälligkeiten, die den Grad einer Verhaltensstörung erreichen können, dann aber oft behandelt werden, ohne dass die Ursache erkannt wird. Behandlungsversuche können folglich auch das „Leid“ des Kindes nicht mindern und so können sich „Erfahrungen“ bei dem Kind manifestieren, die auch später „Hilfen“ nicht zulassen oder zumindest jeder „Fremdhilfe“ gegenüber zu Abwehr führen.
  3. Das Kind zieht sich in sich selbst zurück, es kommt zur Entwicklungsverweigerung. Nicht selten mündet eine solche Entwicklung in eine „Kariere“ in der Sonderschule, führt zu Pseudominderbegabung und ähnlichem. Sie kann im Extremfall zu einer Kontaktarmmut führen, die bis an die Grenze des autistischen Verhaltens geht.
  4. Das Kind versucht alle bisher beschriebenen Wege, in später kaum noch nachvollziehbaren Intervallen, und erkennt, dass es ihm nicht möglich ist sich wohl zu fühlen oder sich seiner Umwelt verständlich zu machen. Es lernt, dass an seinem „Leiden“ wohl die anderen Schuld sind, womit es ja nicht ganz Unrecht hat. Die Umwelt sieht dies jedoch völlig anders. In vielen Fällen kommt es dann später, meist im Rahmen der Pubertät und ihrer Probleme, zu der Diagnose „Borderline-Syndrom“.

Betrachtet man nun die Situation bei Vorliegen eines Intersex-Syndroms, also der von Geburt an festgestellten Nichteindeutigkeit des Geschlechtes, im Sinne unserer gesellschaftlichen Zuordnung, dann kommt noch hinzu, dass unsere Medizin (wider besseres Wissen) sagt, dass eine konsequente und eindeutige Geschlechtserziehung zu einer stabilen Geschlechtsidentität führen würde. In Folge davon wird den Eltern geraten, dass sie ihr Kind nicht über die „Geschlechtsabweichung“ informieren, es also verschweigen. Jeder Mensch der mit Erziehung oder Erziehungswissenschaft zu tun hat weiß jedoch, dass Kinder ein sehr gutes Gespür dafür haben, wenn ihnen von den wichtigsten Bezugspersonen, den Eltern etwas verschwiegen wird. Das „Urvertauen“ zwischen Eltern und Kind, später übertragen auf Erwachsene und Erziehungspersonen, ist von Anfang an gestört. Die Folgen können sehr unterschiedlich sein. Eine normal gesunde Entwicklung wird aber in jedem Fall dadurch verhindert.

Dieser Vorspann ist meines Erachtens notwendig, wenn ich nun zum eigentlichen Thema kommend, im Folgenden verstanden werde will.

Wenn ich vom sozialen Umfeld spreche, dann will ich dieses zunächst in drei wesentliche Bereiche aufteilen:

  1. das „natürliche“ private Umfeld,
  2. das selbst gewählte private Umfeld,
  3. das gesetzlich geregelte und institutionelle Umfeld.

zu 1:

Das „natürliche“ privat Umfeld ergibt sich zunächst aus den verwandtschaftlichen Umständen und all jenen Menschen, die dadurch mit dem Transgender in Verbindung stehen, oder stehen könnten. Es wird zunächst durch die Geburt des Kindes vorgegeben und von seinen Eltern bestimmt, solange das Kind sich von ihnen nicht gelöst hat.

zu 2:

Das selbst gewählte private Umfeld entwickelt sich zunächst durch Sympathie, Neugierde, Vermeidung von Langeweile, ..., später durch Interessen und Neigungen, persönliche Gefühle und Wünsche. In der weiteren Entwicklung ist es geprägt durch Schule, Ausbildung , eigene Wohnung, Beruf und Ausgleich von Beruf.

zu 3:

Das gesetzlich geregelte und institutionelle Umfeld wird von den meisten Menschen gar nicht wahrgenommen. Es existiert für jeden Menschen ab seiner Geburt, erhält als Umfeld jedoch erst dann eine Bedeutung, wenn es zu irgend welchen besonderen Ereignissen oder Störungen kommt. Die Gesellenprüfung vor der IHK, die Anmeldung zum Studium, die Anmeldung der ersten eigenen Wohnung, das Ablegen der Führerscheinprüfung, Anmeldung des Autos und später der TÜV, im Straßenverkehr die Polizei (im Einzelfall nicht nur dort) gehören, beispielhaft genannt, dazu. All dies, und die Menschen, die einem dabei begegnen, bilden den Bereich des institutionellen Umfeldes. In diese Gruppe gehören aber auch die Ärzte, Krankenkassen, Versicherungsträger, das Arbeitsamt, in besonderen Fällen auch das Jugendamt, Vormundschaftsgericht, Sozialamt und Wohnungsamt.

Jedes einzelne Amt, jede Institution oder Körperschaft des öffentlichen Rechtes, Träger der Sozialversicherung oder städtische Einrichtung, habe nun genau geregelte Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortungen. Für den „bürgerlichen Normalfall“ ist all dies wohl geordnet und richtig. Es hat sich in der Vergangenheit als sinnvoll erwiesen, dass bestimmte Vorgänge und auch Hilfen voneinander völlig isoliert verlaufen. Was aber geschieht nun, wenn im Einzelfall für einen Bürger eben nicht der „Normalfall“ gegeben ist.

Bei Transgendern ist die Abweichung vom Normalfall die Regel. Standards, in denen von interdisziplinärer Zusammenarbeit gesprochen wird, denken dabei immer nur an medizinisch interdisziplinäres Vorgehen. Jeder Arzt, Neurologe, Psychiater, Therapeut oder Psychologe weiß jedoch im Prinzip von den ursächlichen Wirkzusammenhängen zwischen „Heilung“ und sozialem Umfeld, kaum einer hat aber eine Ahnung, wie hier eine Verbindung, zum Wohle des Einzelnen und zur Vermeidung von Belastungen für die Gesellschaft, hergestellt werden kann. Auf der anderen Seite stehen bei praktisch keiner Stelle des institutionellen Umfeldes Informationen über die Wirkzusammenhänge, oder eben vor allem über die Wirkhindernisse, zur Verfügung. Selbst wenn jede einzelne Stelle für sich, im Rahmen ihres Auftrages, optimal arbeitet und alle gesetzlichen Regeln und Vorgaben eindeutig einhält, kann gerade dadurch ein kontraproduktives Handeln aller entstehen.

Ich will diese Grundsatzaussage an einem Fallbeispiel exemplarisch verdeutlichen und dann anschließend versuchen ein Lösungsmodell anzudenken. (Natürlich wären viele andere „Fälle“, die eben auch anders verlaufen sind, möglich. Dieses Beispiel, real in Hessen existierend, soll lediglich dazu dienen, dass eine Grundbereitschaft erzeugt wird über den Horizont einer „heilen Welt“, von deutschen Gesetzen geregelt, hinaus zu denken. – Der „Fall’“ wird außerdem verkürzt dargestellt, da eine ausführliche Schilderung ein ganzes Buch füllen würde, verbunden mit der Gefahr, dass es gelesen wird, dann aber mit dem Gefühl: „Gott sei Dank, dass wir so etwas selbst nie erleben mussten“, wieder zurück in den Bücherschrank gestellt wird.) Persönliche Angaben, die der Öffentlichkeit, oder Journalisten, Rückschlüsse auf die konkrete Person ermöglichen würden, wurden absichtlich verfälscht.

Peter (heute Petra) wird geboren, in einem kleinen Dorf im Taunus, christlich katholisch orientiert. Der Blick der Hebamme führt zu einer eindeutigen Aussage: Peter ist ein Junge (was sie zu dieser Zeit nicht wissen kann ist die Tatsache, dass Peter nur so aussieht als ob). Entsprechend der Zuweisung in der Geburtsurkunde wird versucht Peter als Jungen zu erziehen. Das Kind selbst bekommt erst im Laufe der ersten fünf Lebensjahre mit, dass es eine Bedeutung zu haben scheint, ob man ein Junge oder ein Mädchen ist. Das Kind ist irritiert. Es findet zu den Jungen zunächst keine Beziehung, von den Mädchen wird es mit fortschreitendem Alter immer mehr zurückgewiesen oder wegen seines Verhaltens belächelt. Peter schwankt zwischen Traurigkeit, Anpassung und Aggression. Peter erscheint launisch und unberechenbar.

Das wirkt sich auf seine Schulleistungen negativ aus. Aus ihm scheint nichts zu werden. Bei wechselnden Pädagogen erscheinen die Bewertungen schwankend zwischen faul, verhaltensgestört und dumm. Peter bummelt und jobbt sich die Zeit bis zur Bundeswehr durch und meldet sich freiwillig. Er hat gelernt die zugewiesene Rolle zu überziehen. Doch noch im Verlauf des Grundwehrdienstes wird er wegen körperlicher Untauglichkeit wieder entlassen.

Die Sammlung von Minuspunkten ist bereit erheblich: Keinen guten Schulabschluss, keine vernünftige Ausbildung, zum Wehrdienst nicht geeignet. Dazu kommen die persönlich wenig erfreulichen Erfahrungen im sozialen Umgang mit Menschen. Einen Freund findet er nicht, denn er glaubt zeitweise selbst, er sei schwule, da er auf „Männer steht“ (unter Berücksichtigung der weiblichen Identität also eigentlich heterosexuell, gesellschaftlich ja gewünscht). Eine Freundin findet er nicht, denn er sucht eben die Freundschaft von Frau zu Frau, die Partnerinnen sehen aber den Mann.

Peter landete immer wieder beim Psychologen, Nervenarzt und auch Psychiater, bis hin zu Langzeitaufenthalten in der Psychiatrie. Peter weiß intuitiv, dass nicht er gestört ist, sondern von außen gestört wird. Er kann sich aber weder verständlich machen, noch wird dieser Umstand von Experten in Erwägung gezogen. So lernt er im Laufe seines Lebens, von Kindheit an beginnend, Überlebensstrategien, die eines Tages in der Fremddiagnose „Borderline-Syndrom“ gipfeln. Nun ist er von Amtswegen als psychisch krank eingestuft. Im weiteren Verlauf kommt es sogar zu einer gesetzlichen Betreuung.

In einem jahrelangen Kampf gelingt es Peter nach außen klar zu machen, dass sie Petra ist (die teilweise damit verbundenen dramatischen Zwischenschritte erspare ich mir hier aufzuzählen). Petra wird die Betreuung los, ihr Name und ihr Geschlecht werden amtlich anerkannt und in weiblich geändert. Eigentlich könnte sie ja nun „glücklich“ sein, wenn da nicht ...

Ja, und nun fehlt eben all das, was ich unter interdisziplinärer Zusammenarbeit verstehe und was bei uns in Deutschland, auch in Hessen, eben nicht geregelt ist.

Von einem Tag auf den anderen ist per Gesetz aus Peter Petra geworden. Ab der Rechtsgültigkeit des Beschlusses hat sie alle Rechte und Pflichten als Bürger dieses Staates, dort wo es eine Rolle spielt, eben auch als Frau. Diese einfache Schlussfolgerung, von Experten so vertreten, hat jedoch erhebliche Mängel, bis hin zu Fehlern:

  1. Petra konnte in ihrer Entwicklung, vom Kind zum Erwachsenen, kein ungestörtes Verhältnis zu ihrer Umwelt aufbauen. Im Gegenteil haben sich in ihr intuitive Mechanismen verfestigt, die in der neu gewonnenen Freiheit völlig untauglich sind.
  2. Petra versuchte sich als Mann zu entwickeln, da sie nichts davon wusste, dass es eben auch vorkommt, dass ein Mensch, biologisch männlich geboren, dem anderen Geschlecht angehört (wobei im Fall von Petra der begründete Verdacht besteht, dass auch die Biologie eben nur Vordergründig eindeutig männlich war).
  3. Petra konnte sich nicht normal vom Kind zur Frau entwickeln. Sie musste sich sogar gegen den Widerstand von „Experten“ erst erkämpfen, dass sie als Frau juristisch anerkannt wird.
  4. Petra wurde in ihrer Entwicklung, lange bevor wiederwillig akzeptiert wurde, dass sie eben Petra ist, als hochgradig psychisch krank abgestempelt. Mit der rechtlichen Umstellung von Peter auf Petra hat sich aber an dieser medizinischen Zuordnung nichts geändert. Jeder Neuanlauf auch hier rehabilitiert zu werden landet, auf Grund unserer gesetzlichen Vorgaben im Gesundheitswesen, bei eben den Experten, die früher Ursache und Wirkung verwechselt haben, zumindest bei den Kollegen dieser Experten. Petra schleppt die „Krankenakte“ und die Krankheitserfahrungen von Peter mit in ihr „neues“ Leben. Es beginnt sich die Lage von Peter in Petras Leben zu spiegeln.
  5. Petra musste, auf Grund der zur Verfügung stehenden Informationen glauben, dass mit der Hormonumstellung, der geschlechtsangleichenden Operation und der gesetzlichen Anerkennung als Frau, sich ihre Lage neu gestalten lässt. Sie selbst war auch bemüht ihre Vergangenheit neu zu bewerten und daraus andere Schlüsse ziehen und Handlungsabläufe zu gestalten. Was Petra nicht ahnen konnte war die Tatsache, dass dies in ihrem Umfeld nicht geschieht, auch nicht im institutionellen Umfeld. Petra hat in „ihren Rucksack“ einfach all dies hineingepackt bekommen, was sich in der Zeit von Peter angehäuft hat. Eine Rehabilitationschance hat sie bisher nicht erhalten.

Ich kenne Petra und ihre Lebensgeschichte nun schon seit über vier Jahren. Zusammenfassend will ich folgendes feststellen:

a)      Nach RVO, SGB und KO hat die Krankenkasse im vorliegenden Fall zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte).

b)      Nach SGB und der für Hessen zuständigen Gemeinde- und Verwaltungsordnung hat das Sozialamt im vorliegenden Fall zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte).

c)      Nach SGB und den länderspezifischen Möglichkeiten von Pilot- und Sonderprojekten hat das Arbeitsamt im vorliegenden Fall zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte).

d)      Nach geltendem Recht gemessen haben die Justizbehörden und Gerichte im vorliegenden Fall, auch bei Zwangseinweisungen und der Bestellung der Pflegschaft, zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte).

e)      Fixiert auf die Erwartungshaltung gesellschaftlicher Norm und sich daraus ergebender Heilungserwartungen haben psychische und psychiatrische Einrichtungen im vorliegenden Fall zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte).

f)        In den Fall involvierte Personen in übergeordneten Behörden, Gesundheitsamt, Landesregierung und Bundestagsabgeordnete haben, entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung, im vorliegenden Fall zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte).

g)      ... haben im vorliegenden Fall zu jeder Zeit formaljuristisch richtig und korrekt gehandelt (ob es dem Fall entsprechend immer angemessen war steht hier nicht zur Debatte). (Dieser Punkt g) steht für all jene Personen oder Ämter des institutionellen Umfeldes, die in den Fall involviert waren und die ich in der Aufzählung möglicherweise vergessen habe.)

Soweit also zum vorliegenden Fall und den formalen Abschlussfeststellungen. Nun habe ich jedoch zu Anfang auch von Lösungsansätzen gesprochen. Dass diese auch nötig sind und sich, unabhängig von der Frage der menschlichen Seite und Schicksale, auch volkswirtschaftlich rechnen kann jeder interessierte Bürger nachlesen ( bei: www.dgti.org/volksver.htm).

Wie könnte und müsste nun eine Lösung aussehen? Mit der folgenden Aufzählung will ich eine Lösungsmöglichkeit andenken und vorgeben:

  1. Jeder Transgender – Transmann, Transfrau oder Intersexuell – hat einen Anspruch auf einen persönlichen Rehabilitationsplan. Dieser persönliche Rehaplan ist mit dem Betroffenen abzustimmen und im Laufe der Durchführung auch individuell zu modifizieren.
  2. In dem Rehaplan sind alle den Einzelfall tangierenden Stellen des institutionellen Umfeldes an einer Stelle zu bündeln. Der Transgender hat es also bei allen Schritten nur mit einer amtlichen Stelle zu tun und dort mit einem festen Ansprechpartner seines Vertrauens. Im Einzelfall kann, wenn dies nötig ist, auch eine Vertrauensperson vom Betroffenen mit eingeschaltet werden, wenn es die persönliche Lage erfordert. Diese Vertrauensperson muss nicht Mitarbeiter der zuständigen amtlichen Stelle sein.
  3. Bei nicht voll geschäftsfähigen Menschen soll das Jugendamt die Koordination aller Maßnahmen übernehmen, wenn nötig vom Vormundschaftsgericht bestimmt. Bei arbeitsfähigen Transgendern, auch wenn sie z.Z. der Einleitung von Rehamaßnahmen nicht arbeitsfähig sind, sollte die Koordination vom Arbeitsamt ausgehen. Ist ein Transgender schon verrentet oder z.Z. der Antragstellung verrentet (z.B. wegen langfristiger Arbeits- oder Berufsunfähigkeit), so ist der Rentenversicherungsträger zuständig.
  4. Der Rehaplan muss drei wesentliche Aspekte aufgreifen und klären:
    a) Neubewertung und Aufarbeitung der gesundheitlichen und sozialen Vergangenheit
    b) Absprache und Durchführung gemeinschaftlich erarbeiteter medizinischer Behandlungen und Heilmaßnahmen
    c) Stabilisierung der vorhandenen sozialen Perspektiven oder Schaffung von sozialen Perspektiven, entsprechend den zu fördernden Vorgaben.
    Zusätzlich muss es ermöglicht werden, dass das mitbetroffene soziale Umfeld notwendige Hilfen erhält (z.B. Eltern, Partner und Kinder; Lehrer, Mitschüler oder Arbeitgeber; ...).
  5. Die Kosten für derartige Rehamaßnahmen werden im Umlageverfahren erhoben. Solang dies nicht gewährleistet ist, kümmert sich die mit der Reha beauftragte Stelle um die Kostenzusagen und Zuwendungen an den betroffenen Menschen.

Es bleibt natürlich die Frage, wie man heute, da diese Fiktion noch nicht umgesetzt ist, mit geschlechtszugewiesenen Menschen, die eben mit dieser Zuweisung reale Probleme haben, umgehen kann. Der einfachste Weg ist, dass sich alle im obigen Fallbeispiel aufgeführten Stellen unbürokratisch austauschen und gegenseitig ihre möglichen Hilfen, teilweise ja gesetzlich vorgeschrieben, so aufeinander abstimmen, dass der einzelne Mensch eben nicht „von Pontius zu Pilatus“ laufen muss und so im Hürdenlauf formaljuristisch „richtiger“ Einzelmaßnahmen und Hilfen aufgerieben wird und auf der Strecke bleibt.

Mir persönlich und der dgti sind bekannt, dass es solche Handlungsansätze in der Realität gibt. Sie sind jedoch selten und hängen von sehr vielen Zufälligkeiten ab, dem Wissenstand der Behördenvertreter, der Einstellung dieser Menschen gegenüber der Thematik, der „Chemie“, die sich zwischen dem Transgender und seinem Gegenüber entwickelt, usw.

Offen ist noch die letzte, und in unserer Kultur und dem Deutschen Rechtsstaat wichtigste Frage: „Wer hat einen Anspruch auf einen derartigen Rehaplan und wer stellt fest, dass dieser Anspruch berechtigt ist?“ An dieser Stelle muss ich auf ein Dilemma hinweisen, das uns genau in die Situation geführt hat, die zu den bisherigen Aussagen führte.

-         Der Mensch ist ein Mensch, ist ein Mensch. –

Und in der kulturell bedingten Präzisierung dieser Aussage folgt:

-         ein Mann ist ein Mann, weil er ein Mann ist –

-         eine Frau ist eine Frau, weil sie eine Frau ist. –

Geschlecht wird in unserer Verfassung und den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland, wie in der übrigen christlich abendländischen, westlichen Kultur und anderen bipolar manifestierten Kulturen ausschließlich als männlich und weiblich beschrieben und auf diesem Hintergrund wurde von einem Teil der Wissenschaft „bewiesen“, dass es eben nur männlich und weiblich gibt – wohl gemerkt, nur von einem Teil.

Wenn wir aber suchen, dann finden wir weder in den universellen Menschenrechten, auf die man sich so gerne beruft, wenn es um Abgrenzung gegen andere geht, noch im Grundgesetz oder an irgend einer anderen Stelle deutscher Gesetzgebung eine Definition von männlich und weiblich. Da dies aber so ist, stellt sich die Frage: „Wer beurteilt, ob jemand einen Anspruch auf Rehabilitation wegen seiner Geschlechtszuweisung hat?“ Dürfen es die selben „Experten“ sein, die vorher für eine Zuweisung verantwortlich waren, sei es durch Augenschein, also den Blick zwischen die Beine, oder durch medizinische Untersuchungen? Ich denke, das hieße den „Bock zum Gärtner machen“. Darf der Rehabilitationsanspruch auf Willensentscheidung des betroffenen Menschen begründet werden?

Jeder Mensch wird mit seinem Geschlecht geboren. Diese Erkenntnis war bereits Mitte bis Ende des 19ten Jahrhunderts zu Wissenschaftlern und Politikern durchgedrungen, teilweise zumindest. Doch dann kam seit 1871 vieles anders. Politik, Medizin, Psychologie und Sexualforschung manifestierten das zur Zeit bestehende Dilemma (lesen Sie bitte dazu die Feststellung eines amerikanischen Wissenschaftlers am Ende dieser Erklärung). Aus diesem Dilemma kann uns auch nicht die Frage nach einem dritten Geschlecht führen. Es wäre nur eine Schublade mehr, wenn auch ein Schritt auf dem Weg zur Realität. Schon 1997 stellte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil fest, dass Geschlecht und sexuelles Empfinden einzig dem persönlichen Bereich jedes Menschen zuzuordnen ist, der Staat sich jeglicher Einmischung zu enthalten habe. Und ich füge hinzu, dass es nicht nur die Pflicht des Staates ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu garantieren, sondern die ausdrückliche Pflicht keinen Menschen wegen seines Geschlechtes zu diskriminieren, auch dann nicht, wenn das Geschlecht nicht im klassischen Sinne zuordenbar ist.

Die Schlussfolgerung kann also nur lauten: Jeder Mensch hat ein Recht auf sein Geschlecht. Jede Fremdzuweisung ist als nachrangig anzusehen und im Zweifelsfall als ungültig aufzuheben. So lange der Staat nicht durch entsprechendes Handeln dafür sorgt, dass dies für die Zukunft tragfähig ist, hat der Einzelne ein Recht auf Rehabilitation. Dies ist eine Mindestforderung im Sinne der universellen Menschenrechte, auf die sich auch unser Staatswesen gründet.

V.i.S.d.P. Helma Katrin Alter (2002)

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