Urteile zur Kostenübernahme medizinischer Maßnahmen
Medizinische und therapeutische Behandlungsmaßnahmen, zum Zweck der Annäherung an das Identitätsgeschlecht, müssen von den Kostenträgern für Heilbehandlungen in der Regel übernommen werden. Als Kostenträger kommen in Frage:
1. Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) für alle in abhängiger Tätigkeit Beschäftigten bis zur Beitragsbemessungsgrenze, alle freiwillig Versicherten, die sich für den Verbleib in der GKV entschieden haben, Arbeitslose und Arbeitslosenhilfeempfänger, die vorher in der GKV versichert waren und Sozialhilfeempfänger, wenn sie selbst oder die Kommune die Beiträge zur GKV ununterbrochen weiter bezahlt haben. Außerdem natürlich all jene, die über die Familienmitversicherung in der GKV sind.
Einige für uns relevante Sozialgerichtsurteile, die auch zur Argumentation eigener Anträge gut verwendet werden können, haben wir unter Urteile zur gesetzlichen Krankenversicherung gesammelt.
2. Private Krankenversicherungen (PKV)
Einige für uns relevante Sozialgerichtsurteile, die auch zur Argumentation eigener Anträge gut verwendet werden können, haben wir unter Urteile zur privaten Krankenversicherung gesammelt.
3. Beihilfe, für Beamte und andere staatlich Beschäftigte, mit privater Zusatzversicherung
4. Medizinischer Dienst der Bundeswehr für Angehörige der Bundeswehr
5. Die Kommune für sonst nicht versicherte Empfänge von Sozialleistungen
6. Der Staat für Strafgefangene
Entsprechend obiger Auflistung entstehen natürlich auch die unterschiedlichsten Streitfälle und Urteile gegenüber einem Kostenträger können nicht einfach auf einen anderen Kostenträger übertragen werden. Selbstverständlich ist anzunehmen, dass ein Kostenträger, z.B. die PKV nicht mit aller Gewalt in ein Verfahren zwingen wird, wenn aus der Begründung eines Urteils für einen Fall der GKV deutlich abzuleiten ist, dass auch gegen die PKV entschieden würde (meist ist jedenfalls diese vernünftige Einsicht vorhanden).
Eine äußerst wichtige Entscheidung traf im Dezember 2005 das Bundesverfassungsgericht:
Behandlung seltener Krankheiten und Pflicht der gesetzlichen Krankenkassen zur Kostenübernahme
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein Urteil des Bundessozialgerichtes aufzuheben ist, in dem die Kostenübernahme für eine nicht wissenschaftlich belegte Behandlungsmethode im Fall einer seltenen Krankheit abgelehnt wurde. Auch wenn dieser Fall nicht einfach auf die Behandlung von Transfrauen und Transmännern zu übertragen ist, kann ein direkter Zusammenhang mit der Ablehnung von Behandlungen in unserem Fall abgeleitet werden. Der gemeinsame Bundesausschuß beim Gesundheitsministerium hat eindeutig entschieden, das Transsexualität zu den seltenen Krankheiten gehört (siehe wichtige Artikel auf dgti). Auch bei Geschlechtsidentitätsstörungen führen Behandlungsverzögerungen und Ablehnungen nicht selten zum Tode des Patienten. Lesen Sie nun den Leitsatz und, wenn Sie wollen, das gesamte Urteil auf den Seiten des Verfassungsgerichts. (Pressemitteilung, Urteil)
L e i t s a t z
zum Beschluss des Ersten Senats
vom 6. Dezember 2005
- 1 BvR 347/98 -
Es ist mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 347/98 -